Blog

Für die informationelle Selbstverteidigung

Die überparteiliche Aktion „Facebook Privacy Control – NOW!“ feiert weitere Erfolge. Nach gut einer Woche wurde am Samstag die Marke der 50.000 Mitglieder erreicht. Das ist ein gutes und wichtiges Zeichen. Die Diskussion über die angedachten Veränderungen in Facebook halten aber an und ich versuche gerade einen zeitnahen Termin mit einem offiziellen Facebook Vertreter zur Diskussion darüber zu erhalten. Ziel wäre es dieses Gespräch auch überparteilich zu führen, um hier deutlich zu machen das mit Datenschutz nicht gespielt werden darf.

Aber nicht nur zur aktuellen Diskussion um Facebook, sondern die generelle Diskussion nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung, die neue Verfassungbeschwerde gegen ELENA und die zunehmende europäische Diskussion, hat uns als Grünen Bundesvorstand dazu bewogen einen Antrag zum Thema Datenschutz für den Länderrat am 25. April zu verfassen. Der Antrag Unabhängigen und modernen Datenschutz stärken – Für die informationelle Selbstverteidigung wurde in der Bundesvorstanssitzung am 12. April beschlossen. Er greift mit Sicherheit nicht alle aktuellen datenschutzpolitischen Fragen auf, gibt aber Orientierung und tritt einige Projekte los. Klar ist weiterhin, dass die Arbeit rein mit Verboten und Kontrolle nicht funktioniert. Wir wollen aufgeklärte Nutzerinnen und Nutzer, die die entsprechenden Rechte und das nötige Wissen erhalten, um selbstbestimmt sich im Internet zu bewegen. Das bringt mehr als nur Verbote auszusprechen, auch wenn ordnungspolitische Ansätze notwendig sind. Generell wollen wir aber zur informationellen Selbstverteidigung ermutigen. In einer zunehmend digitalisierten Welt, muss sich jeder schützen und selbstverteidigen können gegenüber dem Staat, den Unternehmen und ggf. auch gegenüber Mitmenschen.

Darum nur einige Auszüge aus unserem Antrag an den Länderrat:

„Wenn wir den digitalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche gerecht werden wollen, dürfen wir nicht mit Datenschutzregeln aus dem letzten Jahrhundert hantieren. Daher treten wir Grüne für einen globalen digitalen Grundrechtsschutz ein, der klare Regeln definiert.“

„Nur wenn die gestärkten Auskunftsrechte der Bürgerinnen und Bürger auch durchsetzbar sind, kann die Modernisierung des Datenschutzes vollständig umgesetzt werden. Besonders von Privatunternehmen kann man derzeit kaum eine adäquate Auskunft über die tatsächlich gespeicherten Daten erhalten. Hier wollen wir volle Auskunftsrechte etwa darüber garantieren, woher Informationen stammen, mit welchen diese verknüpft und an wen sie wann und zu welchem Zweck weitergegeben oder gespeichert werden. Auch die Einführung verpflichtender Auskünfte (Datenbriefe) muss diskutiert werden. Mit ihnen können Verarbeitungswege und die Weitergabe von persönlichen Daten veranschaulicht und erläutert werden.“

„Die häufige Praxis, die NutzerInnen lediglich zwischen Zustimmung zur Firmenpolitik oder dem Austritt aus dem Netzwerk wählen zu lassen, ist inakzeptabel. Hier brauchen wir ein starkes Kopplungsverbot. Wir kämpfen in unseren Bündnissen und in diversen Netzwerken gegen eine ungefragte Weitergabe von Daten an Dritte, für das Recht am eigenen Bild und Text, eine notwendige Diskussion im Vorfeld als Bedingung und für eine Zustimmungsregel zu Änderungen der Datenschutzrichtlinien des Sozialen Netzwerks.“

„Neue Technologien wie zum Beispiel der „intelligente Stromzähler“ (Smart-Meter) müssen so ausgestaltet werden, dass sie Datensicherheit gewährleisten und die absolute Hoheit über die anfallenden Daten bei den Nutzerinnen und Nutzern belassen.“

„Wir wollen die Möglichkeit für Sammelklagen einführen. Außerdem soll es künftig einen eigenständigen Unterlassungsanspruch bei unberechtigter Datenverwendung geben sowie ein Recht auf einen pauschalierten Mindestschadensersatz bei Datenmissbrauch. Zudem bedarf es eines Auditierungsgesetzes zur Schaffung einer wirklich unabhängigen Stelle zur Vergabe von Datenschutzsiegeln. Mit diesen Maßnahmen sollen die BürgerInnen zu informationellen SelbstverteidigerInnen und zu DatenschützerInnen in eigener Sache werden.“

Solidarität mit Emin Milli und Adnan Hajizadeh

Wir haben als Bundesvorstand einen Antrag zum Länderrat am 25. April in Köln beschlossen. Der Länderrat ist der „kleine Parteitag“ bei uns Grünen. Mit dem Antrag wollen wir auf die Situation von Emin Milli und Adnan Hajizadeh hinweisen die in Aserbaidschan inhaftiert sind. Die Situation für Blogger und Online-AktivistInnen wird global immer gefährlicher, immer öfters finden Verhaftungen und Repressionen statt. Wir sollten hier klar internationale Solidarität zeigen und für die umgehende Freilassung von Emin Milli und Adnan Hajizadeh kämpfen und auf das generelle Problem hinweisen. Bitte kämpft mit uns und allen anderen dafür!

Den Antrag könnt ihr hier nachlesen.

Facebook Privacy Control – NOW!

Die Diskussion um die angedachten Änderungen von Facebook was die Weitergabe von persönlichen Daten an Dritte betrifft, ist die letzten Tage immer intensiver geworden. Deshalb habe ich gestern die überparteiliche Gruppe Facebook Privacy Control – NOW! gegründet, um einen Anlaufpunkt für den Protest zu schaffen. Mittlerweile sind bereits 5.500 Menschen Mitglied der Gruppe. Das ist ein tolles Zeichen. Es freut mich auch das Abgeordnete aller Fraktionen diese Aktion unterstützen, von der Linken bis zur CSU. Das zeigt deutlich, auch wenn man oft fachpolitisch unterschiedlicher Meinung ist, tritt man gemeinsam für die Rechte von Nutzerinnen und Nutzern ein. Wir werden versuchen schnellstmöglich eine Bewertung vorzunehmen, wenn Facebook seine neuen Regeln vorstellt. Ansonsten werdet Mitglied der Gruppe oder Fan dieser, um aktuelle Informationen zu erhalten.

BITKOM und die Internetsperren

Zwei Presseinformationen die innerhalb von einem Jahr vom BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.) herausgegeben wurden.

30. März 2010

BITKOM kritisiert EU-Vorschlag zu Internet-Sperren

  • BITKOM-Präsident Scheer: „Vorschläge sind Augenwischerei“
  • Internet-Sperren sind einfach zu umgehen
  • „Grooming“ stärker verfolgen

Berlin, 30. März 2010

Die EU hat einen Richtlinien-Entwurf zur Sperrung von Webseiten mit kinderpornographischen Inhalten vorgelegt. Die EU-Mitgliedstaaten sollen demnach unter anderem dafür sorgen, dass entsprechende Seiten gesperrt werden. BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer kommentiert den Vorschlag:

„Wir begrüßen, dass sich die Europäische Union des Themas annimmt. Kinderpornographie ist ein internationales Problem, für das man internationale Antworten braucht. Einige Vorschläge gehen über die bisherigen Ansätze in Deutschland hinaus, zum Beispiel was die Erleichterung von Strafermittlung und Anklageerhebung oder die Strafbarkeit der Ansprache von Kindern über das Internet angeht. Speziell dieses so genannte Grooming muss schärfer verfolgt werden. Die Vorschläge zu Internetsperren sind allerdings Augenwischerei. Die Telekommunikations- und Internetfirmen werden sich Internet-Sperren nicht verschließen. Wir weisen gleichwohl darauf hin, dass damit nichts erreicht wird. Kinderpornographie findet weit überwiegend außerhalb des öffentlichen World Wide Web statt. Die Sperren erreichen also den Großteil der Inhalte nicht und sind außerdem sehr einfach zu umgehen. Mit Internet-Sperren springt man zu kurz. Wir schlagen vor, alle Energie auf die Entfernung der Inhalte an der Quelle, die Verfolgung der Straftäter und den Opferschutz zu konzentrieren.“

Die Überschrift der Presseinformation vom 30. März 2010 wurde aus der verschickten Version genommen, auf der Website steht eine geänderte Überschrift.

22. April 2009

BITKOM begrüßt gesetzliche Regelung zu Internet-Sperren gegen Kinderpornografie

  • Hightech-Wirtschaft favorisiert eigenständiges Gesetz
  • Notwendige Ergänzung zu Einzelverträgen mit Providern
  • Branche begrüßt Haftungsgarantie der Bundesregierung

Berlin, 22. April 2009

Der Hightech-Verband BITKOM hat es begrüßt, dass die Sperrung von kinderpornografischen Webseiten gesetzlich geregelt wird. „Zugangshürden sind eine wichtige Maßnahme gegen solche Verbrechen“, sagte BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer. Ein Gesetzentwurf wird heute im Bundeskabinett beraten. „Damit wird eine Kernforderung der Internet-Wirtschaft erfüllt“, so Scheer. „Das Ziel ist, eine juristisch klare Regelung für alle Provider zu schaffen.“

Dabei favorisiert der BITKOM ein eigenständiges Gesetz gegen Kinderpornografie im Internet. Die aktuell diskutierte Variante, die Sperre im Telemediengesetz zu regeln, ist aus Sicht des Verbandes nicht optimal: „Die umfangreichen, speziellen Regelungen gegen Kinderpornografie sollten nicht in einem allgemeinen Regelwerk wie dem Telemediengesetz untergebracht werden“, so Scheer. „Mit einem eigenständigen Gesetz lässt sich die Ächtung dieser besonders brutalen Form von Kriminalität besser umsetzen.“ Damit könne auch deutlich gemacht werden, dass Zugangs-Sperren künftig nicht generell gegen eine Vielfalt unerwünschter Web-Inhalte eingesetzt werden sollen.

Ziel der gesetzlichen Regelung ist, eine für alle Provider gültige Grundlage für die Sperrungen zu schaffen. „Ein Gesetz ist die notwendige Ergänzung der Verträge, die die Bundesregierung bereits mit einigen großen Providern geschlossen hat“, so Prof. Scheer. Am Freitag haben die Deutsche Telekom, Kabel Deutschland, Hansenet/Alice, Telefonica/o2 und Vodafone/Arcor solche Verträge unterschrieben. Sie decken einen großen Teil des deutschen Marktes für Internetzugänge ab.

Auf Basis eines neuen Gesetzes können die Internet-Provider dann die Sperren installieren. Für die technischen und organisatorischen Vorbereitungen ist eine Übergangsfrist von bis zu sechs Monaten erforderlich. „In den Gesetzentwurf muss eine Umsetzungsfrist aufgenommen werden“, erklärt Prof. Scheer. „Ein klarer Zeitplan bewirkt, dass möglichst alle Unternehmen die Blockierung im gleichen Zeitraum einrichten.“ Eine täglich aktualisierte Liste der zu sperrenden Webseiten soll vom Bundeskriminalamt übermittelt werden. „Zwar können die Sperren mit etwas Geschick umgangen werden“, so Scheer, aber „wir setzen ein Zeichen, indem wir potenziellen Betrachtern von Kinderpornografie ein Stoppschild zeigen. Das ist ein wichtiges politisches Signal gegen solche schwersten Verbrechen.“

Der BITKOM begrüßte die Zusage der Bundesregierung, dass sie eine umfassende Haftung für die Sperren übernehmen will. Prof. Scheer: „Haftungsrisiken für die Provider müssen ausgeschlossen werden. Die Branche braucht Rechtssicherheit.“ Der bisherige Gesetzentwurf müsse in Detailfragen noch nachgebessert werden. Der BITKOM erwartet, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode vom Bundestag beschlossen wird.

Europäische Grüne gegen Vorratsdatenspeicherung!

Der Council der Europäischen Grünen Partei hat am 21. März einstimmig ein klares Signal gegen die Vorratsdatenspeicherung in Europa beschlossen. Nach dem Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts als auch einer aufflammenden europäischen Diskussion, ist dieses klare Statement sehr wichtig. Der Beschluss kann hier nachgelesen werden.

Stellungnahme zur Kulturflatrate an die Musikindustrie

Der Bundesverband Musikindustrie hat im Januar 2010 in einem 10 Punkte-Papier seine Probleme mit der Kulturflatrate aufgezeigt. Da einige Punkte so nicht im Raume stehen gelassen werden konnten, habe ich eine Stellungnahme verfasst (Link nicht mehr verfügbar) die von weiteren Grünen unterstützt wird. In der Stellungnahme werden die Argumente der Musikindustrie bewertet und unter die Lupe genommen. Schaut sie euch an und bewertet es selber. Wichtig ist die Diskussion voranzubringen wie das Urheberrecht in Zukunft aussehen sollte und eine faire Lösung für alle Beteiligten gefunden werden kann, VerbraucherInnen als auch UrheberInnen.

Was machen eigentlich gerade die großen ISPs mit ihrer Sperrinfrastruktur?

Vor drei Wochen habe ich einmal ein paar der Unternehmen angeschrieben, die letztes Jahr einen Vertrag mit dem Bundeskriminalamt abgeschlossen haben. Der Vertrag sollte eine rechtliche Grundlage schaffen zur Einführung von Netzsperren und Umsetzung der Sperrlisten des BKA. Zu dem Zeitpunkt der Unterzeichnung wurde ein eigenes „Sperrgesetz“ von der damaligen Bundesregierung noch kritisch gesehen. Fünf große Anbieter haben diesen Vertrag unterzeichnet. Auf Rückfrage meinerseits was sie gerade machen bzw. seit Unterzeichnung der Verträge gemacht haben, gab es folgende Antworten die ich hier dokumentieren darf. Die Anbieter Vodafone und HanseNet habe ich nicht angeschrieben.

Meine Fragen lauteten:

1. Wieviel Geld hat ihr Unternehmen in den Aufbau der technischen Infrastruktur zur Sperrung von Webseiten in den letzten 12 Monaten investiert um den Vertrag mit dem BKA und das mögliche Zugangserschwerungsgesetz zu erfüllen?

2. Gibt es einen Plan/Beschluss einen Rückbau dieser Sperrinfrastruktur zu veranlassen wenn es kein Sperrgesetz mehr gibt?

3. Gibt es Überlegungen das BKA/Bundesregierung auf Grund der Verträge auf Entschädigung zu verklagen um Geld für die geleisteten Investitionen zu erhalten?

Rückmeldung von Telefónica/o2:

Zu 1: Telefónica o2 Germany hat in den letzten 12 Monaten zwischen 0,5 und 1 Millionen Euro für die Erfüllung der Access Blocking Verpflichtungen investiert.

Zu 2: Dies kann erst entschieden werden, nachdem die Gesetzeslage klargestellt wurde. Solange keine Planungs- und Rechtssicherheit existiert, fehlt eine tragfähige Entscheidungsgrundlage.

Zu 3: Auch dies kann erst entschieden werden, wenn die Gesetzeslage klargestellt wurde. Dies werden wir zu gegebener Zeit prüfen.

Rückmeldung von Kabel Deutschland:

Zu 1: Die KDG hat in erster Linie Personal- und Planungsaufwände gehabt, um für die spezifische Technologie ihres Kabelnetzes die Machbarkeit von Sperren insb. auf DNS-Ebene und die Verfügbarkeit von geeigneter Hardware und Software zu prüfen sowie die unternehmensinternen Prozesse zu den geplanten Sperrmaßnahmen (z. B. Kundenkommunikation) zu etablieren. Hierin sind beträchtliche Mannstunden geflossen. Allerdings war es unter dem Vertrag mit dem BKA nach Bekanntwerden des Abrückens der Regierung von den Sperrmaßnahmen noch möglich, das Projekt bis auf Weiteres zu beenden, ohne substanzielle Investitionen in Hard- und Software vorzunehmen.

Zu 2: Siehe oben. Wir verfügen derzeit über keine Sperrinfrastruktur.

Zu 3: Wir haben während der Vertragsverhandlungen die Frage der Beteiligung des BKA/Bundesregierung an den uns entstehenden Kosten aufgeworfen. Dort bestand aber keinerlei Bereitschaft dazu. Wir haben schließlich unsere volle Kostentragung als zusätzlichen – über die Bereitschaft zur Kooperation im Rahmen des Vertrages hinausgehenden – Beitrag verstanden. Da wir, wie gesagt, außer dem Personal- und Planungsaufwand noch keine substanziellen Kosten für Hard- und Software hatten, haben wir nicht vor, die Regierung nach Entschädigung zu fragen.

Rückmeldung Deutsche Telekom:

Wir können zu vertraglichen Details nichts sagen. Die Investitionskosten waren durchaus erheblich, aber sie unterliegen dem Geschäftsgeheimnis. Die Infrastruktur haben wir bereits zurückgebaut, aus Sicherheitsgründen und um die Performance des Netzes nicht zu beeinträchtigen.

Culture Flatrate – Study Online

In 2009, the parliamentary groups of the German Greens in the Bundestag and the European Parliament published a law-study on the issue of a culture-flatrate (Kulturflatrate). The study examines German and international laws to see what kind of possibilities there are for implementation of a Kulturflatrate. The study is also available for download in english.

Fakten zur aktuellen Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung

Gerne wurde in den vergangenen Tagen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung von Sicherheitsfanatikern der Untergang des Abendlandes an die Wand gemalt. Hier ein paar Antworten auf einige „Thesen“ in dieser Diskussion:

„Wenn sich das herumspricht, dann wird Internetkriminalität nach Deutschland verlagert“, sagte de Maizière der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ Quelle: heise.de

Falsch. Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ist noch lange nicht in allen EU Mitgliedstaaten umgesetzt. So gibt es in Schweden oder auch Österreich gerade Diskussionen über eine Umsetzung bzw. ob es überhaupt umgesetzt werden soll. Obwohl in diesen Ländern also gerade keine Vorratsdatenspeicherung gilt, hat sich die Internetkriminalität nicht in diese Länder verlagert. Siehe dazu die aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts (PDF) von Österreich, wo von KEINER besonderen Problematik mit Internetkriminalität gesprochen wird.

„Uns wird mit der Nutzung dieser Daten ein zentrales Instrument zur Bekämpfung und Aufklärung von Verbrechen aus der Hand genommen. Es gibt Täter, denen wir ohne die Nutzung von Telekommunikationsdaten nicht auf die Spur kommen. Da geht es auch um Beleidigung, Betrug und Stalking übers Internet.“ Klaus Jansen, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Quelle: Passauer Neue Presse (Link nicht mehr verfügbar)

Falsch. Die Verfolgung von Straftaten hat auch vor dem 1. Januar 2008 in Deutschland stattgefunden, bis dahin gab es in Deutschland keine Vorratsdatenspeicherung. Trotzdem wurden Delikte wie Betrug oder auch Beleidigung geahndet. Zudem sind gerade Tatbestände wie Beleidigung schon seit dem Eilentscheid des Bundesverfassungsgerichts vom März 2008 zu den Fällen zu zählen, wo keine Daten aus der Vorratsdatenspeicherung genutzt werden durften.

„Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) schlug in unserer Zeitung Alarm: In zwei von drei Fällen sei die Polizei bei ihren Ermittlungen inzwischen auf Vorratsdaten angewiesen. „Tendenz deutlich steigend“, sagte BDK-Chef Klaus Jansen.“ Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung

Falsch. Die Anzahl von Verfahren in denen Daten aus der Vorratsdatenspeicherung abgefragt wurden lag im Jahr 2008 bei gerade einmal 8316. Insgesamt gab es aber laut offizieller Kriminalitätsstatistik rund 6,39 Millionen polizeilich registrierte Straftaten (Link nicht mehr verfügbar), dies bedeutet nicht zwei von drei Fällen sondern einer von 760 Fällen! Hier noch einmal die aktuelle Übersicht des Bundesamts für Justiz zur Abfrage nach §100g Abs. 1 StPO als PDF (Link nicht mehr verfügbar) für 2008. Zahlen für 2009 werden erst im Sommer 2010 veröffentlicht.

„Viele Straftaten könnten nur mit den Daten aus der Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden, sagte der CDU-Politiker der „Bild-Zeitung“ (Dienstagsausgabe). „Sollte das Gericht das Gesetz verwerfen, werden viele Täter nicht mehr überführt werden können. Die Terrorhelfer sind hochkommunikativ und konspirativ, wir brauchen den Datenzugriff.“ sagt Wolfgang Bosbach (CDU-Innenexperte) Quelle: Reuters

Falsch. Bereits im Jahr 2007 hat das Max-Planck-Institut für Strafrecht herausgefunden das die Möglichkeit der Nutzung von Informationen aus der Vorratsdatenspeicherung nur minimale Verbesserungen der Aufklärungsquote in der Verbrechensbekämpfung bringen würden. Andere Instrumente wie die TKÜ oder Abfrage von Bestandsdaten im Telekommunikationsbereich dürfen zudem weiterhin genutzt werden. Alternative Ansätze wie Quick Freeze sind außerdem ähnlich wirksam, bedeuten aber keine permanente Massenüberwachung der Gesamtbevölkerung. Die aktuelle Verurteilung der Mitglieder der so genannten Sauerland-Gruppe zeigt zudem, die Terrorismis-Bekämpfung ist auch ohne Vorratsdatenspeicherung möglich. Die Verhaftung der Sauerland-Gruppe fand im September 2007 statt, die Vorratsdatenspeicherung wurde aber erst zum 1. Januar 2008 eingeführt.