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Studierende aus Glas?

von Malte Spitz und Katharina Maria Nocun

Wenn Professorin Schmidt heute einen neuen Studenten in ihrem Seminar begrüßt, kann sie sich Fragen zur Person sparen. Ein Blick in den Computer genügt und sie weiß: Klaus- Peter Froh ist 24 Jahre alt und wurde in Hamburg geboren. Er hat sein Abitur mit der Durchschnittsnote 2,7 bestanden und brauchte 6 Wartesemester, um einen Studienplatz zu erhalten. Er studiert im Nebenfach Pädagogik – mit mäßigem Erfolg. In diesem Semester hat er bislang nur 2 von 5 Prüfungen bestanden. Vielleicht, weil er mehrere Wochen krank war.

Organisation und Struktur der Hochschulen haben sich in den letzten Jahren grundlegend verändert. Neue technische Möglichkeiten digitalisieren auch die deutsche Hochschullandschaft. Studierende immatrikulieren sich heute fast ausschließlich auf elektronischem Wege. Aus dem Unialltag sind digitale Arbeits- und Lernabläufe kaum mehr wegzudenken. Das hat viele Vorteile – sowohl für die Universitäten als auch für die Studierenden. Doch gibt es auch die Kehrseite der Medaille: Unzählige Aspekte des Studentenlebens lagern nun auf Servern – bereit für den Ge- aber auch den Missbrauch. Dringende Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit wurden an den meisten Hochschulen bislang weitgehend ausgeblendet. Zu euphorisch waren Lehrende und Lernende. Sie nutzten die neuen Technologien mehr oder weniger bedenkenlos. Die steigende öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema rückt nun den Datenschutz in den Fokus von Universitäts- und Studierendenvertretern. Denn wo Daten anfallen, muss auch Sorge dafür getragen werden, dass Standards der Datensicherheit und des Datenschutzes eingehalten werden. Und hier besteht dringender Aufholbedarf.

Sicherheit und Struktur der Prüfungssysteme müssen auf den Prüfstand. Die dort gespeicherten Daten sind hochsensibler Natur. Dozenten und wissenschaftliche Mitarbeiter erhalten im Rahmen der Prüfungssysteme Informationen, die oftmals keinerlei funktionale Relevanz haben. Muss ein Dozent wissen, wie der restliche Studienverlauf aussieht oder wie die Studierenden in anderen Seminaren benotet werden? Ist es erforderlich, dass Lehrbeauftragte wissen, ob ein Seminarteilnehmer bereits Kinder hat? Warum sieht auf einigen Plattformen jeder, ob und wann Vorlesungsfolien heruntergeladen wurden? Ist es für Bescheinigungen notwendig, unangefragte Studienleistungen mit aufzuführen? Wieso darf das Prüfungsamt das Symptom einer Erkrankung erfragen, wenn der Arzt doch die Prüfungsunfähigkeit attestiert hat? Und werden diese Informationen Auswirkungen haben, wenn man sich später einmal an derselben Universität bewerben möchte? – Viele dieser Fragen müssen an Universitäten dringend gestellt und zeitnah beantwortet werden. Denn die Datenberge wachsen rasant. Datensparsamkeit sollte die Prämisse sein – und nicht der gläserne Student.

Der elektronische Studierendenausweis – an einigen Hochschulen bereits vor Jahren eingeführt – wirft ähnlich viele Fragen auf. Das Hauptproblem liegt aber noch viel tiefer: Datenschutz spielt so gut wie keine Rolle. Es gibt selten datenschutzrechtliche Hinweise. Auch fehlt das Bewusstsein, dass Studierende, indem sie von einem elektronischen Studierendenausweis Gebrauch machen, ihren gesamten Tagesablauf offenbaren. Durch einen integrierten Chip können die Ausweise als Datenträger und gleichzeitig als Zugangskarte – z.B. für universitäre Räume oder Anmeldesysteme – verwendet werden. Je nachdem, wie viele Funktionen auf dieser kontaktlos via Funk auslesbaren Karte zusammengefasst werden, kann das einen gefährlichen Einschnitt in die Privatsphäre der Studierenden bedeuten. Wann hat er oder sie wo kopiert? Wer sitzt in der Vorlesung und darf der oder diejenige hier sitzen? Was wurde in der Mensa bestellt und wohin ging am Wochenende die Reise mit dem Semesterticket? – Vieles wird elektronisch und oft auch zentral erfasst. Funkchips und Verschlüsselungstechniken sind aufgrund des technischen Fortschritts nie dauerhaft sicher. Was würde es bedeuten, wenn sich ein Datenleck bemerkbar machte? Datenschützer stellen zu Recht die Frage, ob es wirklich notwendig ist, all diese Daten über Studierende zu erfassen. Vor allem, da der auf der Karte integrierte Chip kontaktlos und somit unbemerkt ausgelesen werden kann. Informationelle Selbstbestimmung ist oft ein Fremdwort an deutschen Universitäten. Die wachsenden Möglichkeiten zur Überwachung der Studierenden sind längst Realität.

Dass den Studierenden keineswegs gleichgültig ist, in welchem Ausmaß universitäre Räume überwacht werden, zeigt das Beispiel Münster. Hier verklagten Studierende seit 2006 mehrmals die eigene Universität. Sie bemängelten, dass gesetzliche Vorschriften – wie beispielsweise ein öffentliches Verfahrensverzeichnis für die installierten Videoanlagen – nicht eingehalten worden sind. Und sie bekamen recht.

An vielen Hochschulen herrscht in puncto Datenschutz wenig Transparenz, dafür aber viel Unsicherheit und Unwissen. Obwohl jede Universität einen Datenschutzbeauftragten hat, sind diese Personen meist gleichzeitig mit anderen Verpflichtungen an der Hochschule betraut. Angesichts der Fülle von Themen und Aspekten rund um den Datenschutz ist es nicht verwunderlich, dass diese Teilzeit-Datenschutzbeauftragten nur wenig bewegen können. Studentische Vertretungen sind bemüht, bereits während der Gestaltung neuer Strukturen und Systeme auf Datenschutzprobleme aufmerksam zu machen und Betroffenen helfend zur Seite zu stehen. Jedoch sind auch deren Ressourcen sehr begrenzt. Oft fehlt die entscheidende Schnittstelle, um Forderungen erfolgreich an die Universitätsleitung und -verwaltung kommunizieren zu können.

Diese Situation muss sich dringend ändern. Wenn niemand effektiv über die Einhaltung von Datenschutzstandards wacht, werden die hochsensiblen Daten der Studierenden bewusst der Gefahr eines Missbrauchs ausgesetzt. Die Einsetzung von jeweils einem unabhängigen studentischen und universitären Datenschutzbeauftragten wäre ein einfacher Schritt in die richtige Richtung – hin zu mehr Datenschutz und informationeller Selbstbestimmung an deutschen Hochschulen.

Europäische Grüne für Netzneutralität

Die Europäischen Grünen (EGP) haben auf ihrem Council (Parteitag) in Tallinn am 10. Oktober einstimmig einen Antrag für die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität verabschiedet. Damit fand der Antrag der deutschen Grünen breite Unterstützung und zeigt auf wie wichtig Netzneutralität quer durch Europa mittlerweile ist. Der Antrag ist in der beschlossenen Fassung verfügbar, und wird in der gelayouteten Fassung ab Mitte der Woche online.

An dieser Stelle auch noch einmal der Verweis auf die Initiative Pro Netzneutralität die ähnliche Ziele wie der beschlossene Antrag verfolgt.

Start des Internet Governance Forum mit Programmempfehlungen

Das fünfte Internet Governance Forum beginnt morgen in Vilnius. Ich werde zum zweiten Mal teilnehmen und die deutschen Grünen hier vor Ort repräsentieren. Es gibt wieder zahlreiche Workshops und Diskussionen, auch wenn die Zahl der Veranstaltungen im Vergleich zum letzten Jahr reduziert wurden. Hier ein paar Empfehlungen für Workshops, die man sich meistens auch via Stream anschauen kann und auch per remote participation sich einbringen kann.

Alle Infos zum diesjährigen IGF findet ihr auf der Website.

Den Stream aller Veranstaltungen und Workshops gibt es auf der sehr guten und übersichtlichen Stream-Plattform des IGF.

Es ist zu beachten das eine Zeitverschiebung zwischen Deutschland und Litauen von einer Stunde besteht. Sprich wenn im Programm zum IGF 9 Uhr steht, ist es in Deutschland erst 8 Uhr.

Meine Tipps:

Dienstag, 14. September

9 Uhr Raum 7: Policy, governance and participation – net for youth activism

9 Uhr Raum 2: Use of ICT by people with migrant background (dort bin ich auch Referent)

11.30 Uhr Raum 4: The future of privacy

11.30 Uhr Raum 6: Freedom of Connection – Freedom of Expression (Zensur-Debatte)

15 Uhr: Eröffnungszeremonie

Mittwoch, 15. September

9 Uhr Raum 9: Dynamic Coalition on Internet Rights and Principles

11.30 Uhr Raum 7: Governance of Social Media

14.15 Uhr Raum 5: Managing the Network (Diskussion um Netzneutralität unter anderem mit Vint Cerf)

16.30 Uhr Raum 5: How to meassure communication and media in digital converging era (Medienkonzentration im Internetzeitalter)

Donnerstag, 16. September

9 Uhr Raum 3: Social networking and e-participation

9 Uhr Raum 5: How green is the internet cloud?

14.15 Uhr Raum 9: Dynamic Coalition on Freedom of Expressionand Freedom of the Media on the Internet

Freitag, 17. September

9 Uhr Raum 3: Internet for youth – beyond safety issues

9 Uhr Raum 4: Deutsches IGF mit Live-Konferenz mit MdBs der Enquete Internet und Digitale Gesellschaft

Zur Info: Dynamic Coaltions sind Netzwerke in denen gemeinsam an Themen gearbeitet wird und in denen strategische Diskussionen stattfinden. Spannend zum reinschnuppern und um mitzubekommen was im Rest der Welt los ist.

Digitale Moderne

Da ich gerade den Begriff „Digitale Moderne“ in einem anderen Beitrag gelesen habe, hier noch einmal mein Beitrag aus dem Juli 2008 für den Call for Papers von Realismus und Substanz:

Hinter der Chiffre Wissensgesellschaft steht nicht nur, dass Wissen und Informationen die zentralen Ressourcen und Produkte unserer Zeit sind. Die Wissensgesellschaft wird auch durch ihre spezifischen Formen des gesellschaftlichen Austausches gekennzeichnet. Alltägliche Kommunikation und Handeln im Beruf und in der Freizeit finden in immer stärkerem Maße via digitaler und über den Globus vernetzter Medien statt.

Akten vom Büro in Berlin aus zu speichern und an jedem anderen beliebigen Ort abzurufen, sie einem Kollegen in Frankfurt oder in den USA zugänglich zu machen und in einer Video-Konferenz zu diskutieren, ist nicht mehr exotisch sondern zunehmend Standard in der Arbeitswelt. Ob Bücher, Pizza oder Drogerieartikel, immer mehr Menschen erledigen ihre Einkäufe online. In ihrer Freizeit nutzen sie im Netz Informationsseiten, Video- und Musikangebote, Diskussionsplattformen, Online-Spiele oder Partner-Börsen. Die Digitalisierung ist nicht nur eine Entwicklung für die jüngeren, eher technikaffinen Generationen. Die Angebote werden von Jung und Alt genutzt. Die Digitalisierung sämtlicher Lebensbereiche schafft viele Möglichkeiten, aber sie wirft ebenso viele Fragen und Probleme auf, die auch politisch beantwortet werden müssen. Es bedarf hier einer grundlegenden gesellschaftlichen Diskussion über Chancen, Risiken und Steuerungsinstrumente. Es geht einerseits um einen flächendeckenden und sozialen Ausbau der Strukturen, damit alle Menschen an den digitalisierten Lebensbereichen teilhaben können. Andererseits müssen wir unser Werte- und Rechtssystem unter den Vorzeichen der Digitalen Moderne prüfen und weiter entwickeln.

Neuerfinden statt zusammenschustern

Die Digitale Moderne stellt zuweilen Altbekanntes auf den Kopf und führt jahrhundertealte Rechtstraditionen ad absurdum. Dies wird besonders in der Diskussion über den Schutz immaterieller Güter in der digitalen Welt deutlich. Die Musik einer Künstlerin durfte und darf nicht ohne Vertrag durch ein Unternehmen auf Platte oder CD gepresst und weiter verkauft werden. Doch wie sieht es mit dem Austausch von Musik durch einzelne private NutzerInnen aus? Dies passiert millionenfach täglich in zahlreichen Tauschbörsen weltweit. Welche Rechte haben bei dieser Handlung die Künstlerin, ihre Produzenten, die Nutzer? Eine einfache Übertragung bisher geltender Gesetze auf die digitale Sphäre wird den neuen Bedingungen und Möglichkeiten nicht gerecht. Da die Güter und ihre Gebrauchsweisen ihre Form grundlegend verändern, brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Debatte darüber, welchen Wert diese Güter haben und wie wir die Gebrauchsweisen rechtlich gestalten wollen. Am Ende einer solchen Diskussion kann nicht wie bisher das Flickwerk Urheberrecht stehen, das den Entwicklungen hinterher hinkt, stattdessen brauchen wir die Neuerfindung eines Rechtssystems für die Digitale Moderne. Dabei sind neue flexiblere Ansätze der Lizenzierung wie z.B. Creative Commons ein Schritt in die richtige Richtung, sich von den bisherigen starren Regeln zu lösen.

Zugang schaffen, weltweit!

Die Frage der Zugangsgerechtigkeit hat in der Digitalen Moderne eine technische Seite: durch die gesteigerte Komplexität digitaler Systeme wird für Besitzer eines 56k-Modems der Zugang zu vielen Bereichen in Zukunft nicht mehr möglich sein. Der freie Zugang zu einer breitbandigen Internetverbindung ist für viele Menschen Basis ihres täglichen Lebens und Arbeitens. Daher muss es ein maßgebliches Ziel sein, dass alle Menschen nach und nach versorgt werden, über alle Übertragungswege hinweg. Die andere Seite der Zugangsgerechtigkeit betrifft die Fähigkeiten und Fertigkeiten, Hardware, Software und digitale Systeme nutzen zu können. Die ständigen technologischen Neuerungen gehen mit dem Erfordernis lebenslangen Lernens einher. Diese Kompetenzen zu vermitteln, muss daher Aufgabe aller Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungseinrichtungen sein. Gleichzeitig spielt aber auch in diesem Bereich die Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle. Dem auch von der Wirtschaft stark forcierten Wahn, immer mehr und immer schnellere Technologien zu schaffen, muss entgegen gesteuert werden. Die Menschen haben entsprechend ihrer Berufe und Lebensstile unterschiedliche Wünsche und Bedürfnisse, die sich mit der persönlichen Entwicklung auch verändern. Es entspricht aber nicht dem Nachhaltigkeitsgedanken, permanent neue Produkte zu schaffen, durch die wenige Monate alte Geräte zu Elektroschrott erklärt werden. Den Folgen eines solchen Verhaltens – dem globalen Verschieben von elektronischen Müllbergen – muss politisch der Riegel vorgeschoben werden. Freie Software, die für die jeweiligen persönlichen Bedürfnisse angepasst werden kann, bietet enorme Chancen, sichere und nachhaltige Systeme zu schaffen. Der Entwicklung und Etablierung dieser Software-Technologien muss politisch breit der Rücken gestärkt werden. Im Zuge dieser Prozesse besteht die Chance, Fehler der vergangen Entwicklungen, durch die Länder und ganze Kontinente abgehängt wurden, nicht zu wiederholen. Wenn der digitale Fortschritt weltweit gefördert wird und Abhängigkeiten dabei abgebaut werden, kann globale Gerechtigkeit ein Kennzeichen der Digitalen Moderne sein.

Wie digital leben wir?

„Computerspiele machen dumm.“, „Zu viel chatten macht einsam.“ und „In Sozialen Netzwerken existieren nur oberflächliche Beziehungen.“ – Vorurteile und Bedenken gegen die Digitalisierung, die heute immer wieder auf den Tisch gelegt werden. Doch weiter kommen wir nicht mit Vorurteilen. Stattdessen brauchen wir eine offene gesellschaftliche Debatte über den Wert und die Funktionen der digitalen Sphäre für unsere Kultur des Austausches und Handelns. Wenn es um wirtschaftlich verwertbare Güter geht, wird versucht, diejenigen rechtlichen Regelungen aus dem „Offline-Leben“ auf die digitale Sphäre zu übertragen, die den Zugang zu diesen am meisten beschränken. Geht es aber um den Zugriff des Staates auf Daten von Personen, werden zuweilen sogar Schutzbereiche, die im „Offline-Leben“ gelten, umgangen. Dabei sind Themen wie Vorratsdatenspeicherung, Netzneutralität oder Medienkompetenz schon heute in vielen Diskussionen präsent, ihre wahre Bedeutung werden sie aber erst noch erlangen. Es geht aber jetzt schon darum, die Weichen für die gesellschaftliche und politische Zukunft der Digitalen Moderne zu stellen. Wir müssen uns heute und Zukunft mit breiten Protesten gegen den Einsatz von Netzfiltern, gegen die Zugangskontrolle von Inhalten und gegen die massenhafte Speicherung unserer Kommunikation für den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat auch in der Digitalen Moderne einsetzen. Die Vermittlung von Medienkompetenz und die Aufklärung über Risiken muss der Weg sein, Gefahren aufzuzeigen, Datenschutz als Wert zu stärken und allen Menschen den Zugang zu erleichtern. Dieses freiheitliche Grundverständnis der Digitalen Moderne muss unnötige Reglementierung verhindern und den freien Austausch fördern.

Politisch stehen wir noch am Anfang der Entwicklung tragfähiger Konzepte für die Digitale Moderne. Doch wir Bündnisgrüne haben die Möglichkeit, diesen Prozess zu gestalten und ihn auf der richtigen Spur zu halten, gegen einseitige Interessen von Seiten der Wirtschaft, der Überwachungsorgane und einem in diesem Feld oft bevormundend reglementierenden Staat. Die Entwicklung steht noch am Anfang, doch heute werden viele Wege eingeschlagen, auf denen wir uns in den nächsten Jahrzehnten bewegen werden. Es geht daher jetzt und heute darum, eine zukunftsfähige Politik für die Digitale Moderne durchzusetzen.

Begriff: Digitale Moderne soll die gesellschaftliche wie politische Bedeutung der Digitalisierung widerspiegeln. Die bisherigen Begriffe beschreiben dabei oft nur einseitig eine technische Erneuerung oder einzelne gesellschaftliche Ereignisse. Der Bruch mit dem bisherigen wird daher wieder durch das Wort Moderne aufgenommen, gepaart mit der Entwicklung der Digitalisierung.

Praktikant/in für Bereich Netzpolitik gesucht

Bewerbt euch! Spannendes Praktikum in Berlin. Ausschreibung auch als PDF.

Praktikum beim Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Der Bundesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sucht ab Mitte September eineN PraktikantIn. Inhaltlicher Schwerpunkt der Tätigkeit ist das Thema Netzpolitik. Die Stelle ist im Büro des Bundesvorstandsmitglieds Malte Spitz angesiedelt.

Vorausgesetzt werden organisatorisches Geschick, Teamfähigkeit und Interesse an der Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Organisationen. Kenntnisse in den Bereichen Netzpolitik und Bürgerrechte/Datenschutz als auch im journalistischen Schreiben sind von Vorteil.

Beginn des Praktikums: Mitte September 2010 Ende des Praktikums: Ende November 2010

Ort: Berlin, Bundesgeschäftsstelle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Bruttomonatsvergütung: 300 Euro

Bewerbungen bitte mit Lebenslauf bis zum 06. September 2010 an buero.spitz@gruene.de. Rückfragen beantworten wir gern per E-Mail oder unter Telefon 030-28442-151.

Infos zum Praktikum

Im Herbst 2010 gab es eine angeregte Diskussion auf twitter zu der Frage, in wieweit ein Praktikum in meinem Büro den von Bündnis 90/Die Grünen formulierten Ansprüchen an eine faire Beschäftigung entspricht. Folgende Stellungnahme von mir hat nach wie vor Gültigkeit.


Da es verschiedene Kommentare auf twitter zur Bewerbung der Ausschreibung für ein Praktikum bei mir im Büro gab. Hier noch einmal ein paar Infos:

Es handelt sich um ein befristetes Praktikum von 10 bis 12 Wochen. Sprich es ist keine reguläre Arbeitsstelle die dadurch abgedeckt werden soll oder muss. Wie für ein Praktikum üblich, soll es einen Einblick ins Arbeitsleben bieten, Fähigkeiten stärken und Orientierung bei der späteren Berufswahl geben.

Die Anforderungen an die Bewerberinnen und Bewerber sind gering. Spezielle verpflichtende Vorkenntnisse oder Abschlüsse bestehen nicht. Sprich ein Schüler kann sich genauso wie eine Abiturientin oder ein Student bewerben. Die Aufgaben werden immer im Team in meinem Büro und der Bundesgeschäftsstelle behandelt. Ein eigener Arbeitsplatz mit Telefon, Computer etc. steht zur Verfügung.

Die Vergütung beträgt 350 Euro pro Monat. Das ist nicht viel, das stimmt, für ein Praktikum finde ich es aber noch angemessen. Die Arbeitszeit ist auf fünf Tage pro Woche ausgelegt, sprich vom Stundenumfang ein Vollzeitpraktikum. Die Flexibilität beim Umgang mit der Arbeitszeit oder der Umgang mit besonderen persönlichen Situationen ist sehr hoch. Sowohl was Arbeitszeiten, Freitage oder sonstige Besonderheiten (Studium, Klausuren, Urlaube..) angeht. Anspruch auf die festgelegten Urlaubstage wie bei uns in der Bundesgeschäftsstelle vorgesehen, besteht natürlich auch.

Ein Praktikum hat immer einen Schwerpunkt, diesmal Europapolitik und Demokratie. Es geht um kleinere Projekte und eine generelle Einarbeitung in das Thema mit verschiedenen Aufgaben, wie Recherchetätigkeiten, Schreibaufgaben, organisatorische Unterstützung, Bündnisarbeit etc.

Zu der Rechnung, müsste man bei einem Mindestlohn von 7,50 Euro bei einer Vollzeitstelle, bei uns 38,5 Stunden, nicht 1200 Euro im Monat verdienen?

Es handelt sich um ein Prakitkum. Sprich es ist von den Anforderungen und dem Umfang der zu bearbeitenden Aufgaben nicht mit einer regulären Vollzeitstelle vergleichbar. Ein Praktikum ist ein Angebot in ein Arbeitsfeld reinzuschnuppern und bietet gleichzeitig die Möglichkeit für mich als Praktikumsgeber spannende und neue Menschen kennenzulernen und auch Fähigkeiten und Interessen zu unterstützen. Wir orientieren uns bei der Ausgestaltung eines Praktikums an dem Leitfaden der DGB Jugend für ein Praktikum.

Ohnmacht beim Datenschutz

Man kann es sich heutzutage einfach machen: Ein paar flotte Sprüche gegen das Street View Angebot von Google und man schafft es in der Ferienzeit von PolitikerInnen, VerbandslobbyistInnen und in einer nachrichtenarmen, wenn auch nicht langweiligen, Sommerpause schnell ins Fernsehen, auf die Nachrichtenticker oder auch als Experte in ein Interview.

Dabei löst die Diskussion um Google Street View bei vielen Menschen ein Ohnmachtsgefühl aus, vor allem bei denjenigen, denen Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung, gerade auch im digitalen Zeitalter, sehr am Herzen liegen und die dafür leidenschaftlich kämpfen.

So richtig verbieten will eigentlich niemand das Angebot von Google Street View, zumindest hat sich zu dieser Position bisher niemand hinreißen lassen obwohl die Argumente dafür mit Sicherheit sehr spannend klingen würden. Es geht aktuell vielmehr um Fristen, um Pflichten und um Formen der Verpixelungen. Vor allem aber verdeutlicht die Diskussion eines: Nach der allgemeinen Aufregung um Facebook im Frühjahr dieses Jahres ruft nun erneut ein Datenschutz-Thema öffentliche Diskussionen hervor. Das zeugt von zunehmender Sensibilisierung der Gesamtbevölkerung, aber birgt auch die Gefahr des zu schnellem Alarmismus, denn die tiefgreifenden Datenschutzskandale lagern woanders. Auch wenn laut Spiegel Online angeblich „nie zuvor in der deutschen Öffentlichkeit so intensiv über den Schutz persönlicher Daten diskutiert“ wurde.

Doch genau hier fängt das Problem an was bei einigen dieses Ohnmachtsgefühl verursacht. Denn ein „Datenschutzskandal“ ist Google Street View nicht, auch wenn es momentan gerne so öffentlich dargestellt wird. Google Street View ist vielmehr ein Abbild der voranschreitenden Diskussion um Öffentlichkeit im Internet und die Herausforderungen mit denen ein moderner Datenschutz umgehen muss. Bedeutende Fragen dieser Diskussion sind, wieviel zur Schau gestellt werden darf, wo man selbst verantwortlich ist und wo die Grenzen für Andere sind, sowie welche Pflichten und Hürden es dabei gibt. In diesem Rahmen kann man versuchen nachzuvollziehen, dass es Menschen unheimlich ist, wenn aus der Höhe von 2,50 Meter ihre Vorgärten und ihre Wohnungen fotografiert werden, teilen muss man diese Ängste aber nicht. Denn schon seit Jahren ist bekannt, dass persönliche Informationen, auch über den Wohnort, zugänglich sind. Man weiss wie gut geschnitten der Vorgarten ist oder wie unaufgeräumt der Platz um die Mülltonnen. Bestimmte Angaben sind gespeichert und mit Postadresse, Namen und vielen weiteren Informationen verknüpft. Die Sorge, dass Geoinformationsdienste, wie Google Street View, neue Datenbanken ermöglichen, in der verschiedene Informationen zusammengeführt werden, ist nicht von der Hand zu weisen, aber letztendlich schon Realität. Denn diese Datenbanken existieren bereits seit Jahren, werden intensiv genutzt und ständig mit neuen Informationen angereichert, und sind auch im Internet abrufbar. Die Deutsche Post lässt Millionen Häuser bewerten – teils durch Briefzusteller, teils durch Andere – und kategorisiert diese. Angeblich werden auch Bilder gemacht. Auskunfteien, beispielsweise Schober, haben Bilddatenbanken, Kundendaten und Hausbewertungen und bieten sie frei auf dem wachsenden Markt von Informationsdienstleistern an, um Direkt-Marketing zu unterstützen oder bei der Bewertung von Neukunden zu helfen. Es wird versucht aus dem Lebensumfeld eines Menschen Rückschlüsse auf sein Kauf-, Bezahl- und letztendlich Sozialverhalten zu schließen. Bei wem im eigenen Treppenhaus Unordnung herrscht, Müll herumsteht, da kann vermutet werden, das diese Person es auch ansonsten nicht so mit Ordnung, Zahlungsfristen oder anderen Dingen ernst meint. Deswegen wirbt eine führende Auskunftei wie Schober damit, 10 Milliarden Zusatzinformationen zu 50 Millionen Menschen zu besitzen, und bietet diese frei an. Im Durchschnitt entspricht das 200 Informationen pro Person. Ebenso wirbt Schober damit 19 Millionen Gebäude „Haus für Haus persönlich vor Ort“ zu bewerten. Mit diesen Daten lassen sich dann „auf Knopfdruck räumliche Zusammenhänge ganz einfach erkennen, analysieren und optimieren. Bundesweit und hausgenau“ (Link nicht mehr verfügbar). Die Angst, dass persönliche Daten mit Geodaten zusammengeführt werden, dass Bilder ausgewertet werden wo man wohnt und lebt, ist längst Realität, (legal) verfügbar und wird von tausenden Unternehmen genutzt. Selbst der Staat und staatliche Stellen mischen in diesem Geschäft mit und verkaufen Luftbilder, Geodaten oder geben dessen Erhebung in Auftrag. Dafür muss es Dienste wie Google Street View gar nicht mehr geben. Mit dem nötigen Kleingeld kauft man sich diese Informationen schon jetzt fein säuberlich aufbereitet und mit viel Wissen über die Menschen, die dort leben, angereichert. Solche Angebote schafft selbst Google momentan (noch) nicht.

Damit wird deutlich, dass Google Street View in der Liste von Diensten und Angeboten, die Daten aufbereiten und bereitstellen, gar nicht die Spitze des Eisbergs ist, oder der große Tiger den es zu bezwingen gilt. Im Vergleich zu dem was die Deutsche Post, Schober und andere Auskunfteien und Unternehmen anbieten, und damit Milliardenumsätze erzielen, ist Google Street View in seiner jetzigen Form auf einmal eher kleiner als der große Eisberg, vor dem man in Wirklichkeit steht. Trotzdem muss man hier mit Vorsicht und Weitsicht agieren. Google unterhält enorme Datenbestände und hat technisch die Möglichkeit entsprechende personenbezogene Daten mit Street View zu verknüpfen und auch die Nutzerinnen und Nutzer können auf einmal detailliert persönliche Informationen zum Nachbar oder dem unliebsamen Bekannten hinzufügen und so die Annonymität der Hausfassade fallen lassen. Hier geht es dann schon, auch im präventiven Sinne, um die Frage von Regulierung, wenn auch nicht um Verbote oder Kontrolle wie von manchem aktuell gerne vorgedacht.

Die Diskussion um Google Street View ist nun im Gange. Es wird gefeilscht, wie lange ein Widerspruch möglich sein soll und in welcher Form das Widerspruchsverfahren zu erfolgen hat. Daneben wird der Zeitpunkt kritisiert, ein solches Verfahren in der Ferienzeit zu starten. Alles ist berechtigte Kritik. Doch auch auf Grund der Kontrolle der deutschen Datenschutzaufsicht hat Google selbst eingeräumt, dass man bei der weltweiten Erfassung der Daten für Street View datenschutzrechtliche Grundsätze unterlaufen hat, indem Daten aus WLAN Netzwerken mitgeschnitten und gespeichert wurden. Das Datenschutzrecht scheint also nicht völlig zu versagen. Dort wo Kritik angebracht ist, Fehler und Missbrauch stattfinden, müssen diese angeprangert und bestraft werden, egal ob bei Google, in Sozialen Netzwerken, bei Firmen die ihre Mitarbeiter ausspähen oder Unternehmen die Journalisten bespitzeln. Gleichzeitig müssen aber auch die bereits genannten Bedenken und Ängste, welche die Möglichkeiten der modernen Datenverarbeitung und die weltweite Zugänglichmachung via Internet auslösen, ernst genommen werden, wenn auch nicht überhöht werden. Sie dürfen nicht zum Mantra einer Politik und gesellschaftlichen Diskussion der Angst werden. Es hilft in der Diskussion wiederum auch nicht weiter, dass der/die einE oder anderE BloggerIn oder NetzaktivistIn es lächerlich findet, wenn die Nachbarin von nebenan einen Widerspruch gegen die Veröffentlichung des Mietshauses bei Google Street View einreicht. Es muss einen Weg geben, der alle Interessen ausgewogen berücksichtigt und Öffentlichkeit im Internet nicht verkleinert, sondern stärkt. Damit zum einen die Interessen der Menschen, die öffentlich wahrgenommen werden möchten, denen es eine Freude ist ihre neue Wohnung und Umgebung per Google Street View ihren Freundinnen und Freunden in aller Welt vorzustellen. Zum anderen dürfen auch die Menschen, bei denen im Gedanken daran, dass online durch ihren Kiez oder durch ihre Reihenhaussiedlung gezoomt wird, Ängste ausgelöst werden, nicht ignoriert werden. Denn das Private geht auch im Zeitalter des Internets weiter als das was in den eigenen vier Wänden passiert, das war der Erfolg der Datenschutzbewegung der 80er Jahre. Beides sollte in der politischen Bewertung zu einem maßvollen Umgang mit dieser Thematik führen, nicht zu einseitiger Politik. Doch diese Gefahr droht, verfolgt man die Debatte der letzten Tage und Wochen.

Längst überfällig ist schnelles Handeln hingegen bei der generellen Auseinandersetzung mit Fragen von Geoscoring, ungefragter Bewertung, Protokollierung und Verknüpfung von persönlichen und teilweise persönlichsten Daten. Hier würde es der Bundesregierung gut stehen, sich in eine aktive Rolle zu begeben. Eine Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes ist hier längst überfällig, ein abgestimmter internationaler Rahmen notwendig. Die Bundesregierung muss die Herausforderungen des Internets im Zusamenhang mit dem Datenschutz dabei genauso aufgreifen, wie vor allem die neuen Möglichkeiten der massenhaften Datenverarbeitung, Speicherung und Bereitstellung. Bei beiden Punkten passiert jedoch nichts. Stattdessen schaut die Regierungsbank mal wieder nur vom Spielfeldrand zu. Schon in der letzten Legislaturperiode ist es dem damaligen Bundesinnenminister Schäuble nicht gelungen, ein wirksames und modernes Datenschutzgesetz auf den Weg zu bringen, was neue Massendatenverknüpfungen genauso angeht, wie die Herausforderungen eines modernen Datenschutzes in der digitalen Zeit. Da erscheint es fast ironisch, dass in den letzten Wochen und Monaten sich gleich drei Bundesminister fast im Tagestakt zum Thema Google Street View und Datenschutz generell zu Wort melden und dabei teilweise drastische Worte wählen, während sie eigentliche Datenschutzskandale, die alle Menschen betreffen, nicht zur Kenntnis zu nehmen scheinen – sei es der millionenfache Austausch von Bankdaten durch das SWIFT-Abkommen zwischen der EU und den USA, der Versuch der Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung und der damit verbundenen Protokollierung des Telekommunikationsverhaltens aller Bürger, inkl. der verdachtsunabhängigen sechsmonatigen Speicherung von Standortdaten oder dem Datensammelwahnsinn der durch den Aufbau der Arbeitnehmerdatenbank ELENA stattfindet. Hier fehlen die selbst ernannten DatenschutzministerInnen Aigner, Leutheusser-Schnarrenberger und de Maizière gänzlich. Es gibt weder Kritik, Warnungen noch Gegenvorschläge. Diese Paradoxie führt bei DatenschützerInnen zu einem Ohnmachtsgefühl und der Frage „Wie kann das eigentlich sein?“ Wie kann sich die Nation darüber aufregen, dass Fotos von Häusern und Straßenzügen im Internet frei zugänglich sind, wenn diese mit zahlreichen weiteren personenbezogenen Daten schon jetzt frei verfügbar auf dem Markt der DatenhändlerInnen abrufbar sind. Wie kann es sein, dass eine Bundesregierung nach mehr Datenschutz ruft und diesen gleichzeitig im Vierteljahrestakt durch neue Großdatenbanken, Datensammlungen und Datenaustauschabkommen untergräbt.

Hier ist ein Umdenken notwendig: Es bedarf neuer Gesetze zum Schutz der persönlichen Daten und der informationellen Selbstbestimmung. Parallel sollte die Diskussion geführt werden, welche Rolle das Internet in all unserer Leben einnimmt und Öffentlichkeit im Netz genauso wie der Schutz persönlicher, nicht allgemeiner, Daten sichergestellt werden kann. Insbesondere ist die Diskussion zu führen, welche Chancen das Internet bietet, aber auch welche Risiken manch eineR selbst damit verbindet. Es muss geklärt werden, was Öffentlichkeit im Netz ist, wie man sich selbst schützen und informationelle Selbstverteidigung gegenüber dem Datenhunger von Schober, Google und Co ausüben kann. Dies ist vornehmlich eine gesellschaftliche Diskussion. Dabei ist vor politischen Schnellschüssen oder neuen Gipfeltreffen der Bundesregierung die angeblich alles Lösen sollen, nur zu warnen, den dies löst weder das Ohnmachtsgefühl einiger weniger auf, noch bringt es generell den Datenschutz voran.

Zocken alleine reicht nicht aus

Auch wenn es lobenswert ist, Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages die digitale Spielkultur näher zu bringen und eine LAN-Party im Bundestag zu veranstalten, wie jetzt von Dorothee Bär, Jimmy Schulz und Manuel Höferlin vorgeschlagen, so greift der Vorschlag doch zu kurz.

Denn statt sich dadurch vor allem der populisitischen Diskussion über das Für und Wider zu widmen, sollte lieber endlich konkrete Politik betrieben werden, gerade auch von der Bundesregierung und den Regierungsfraktionen. Es gibt genug politische Baustellen beim Thema Computerspiele:

  • Eine Reform des Deutschen Computerspielpreises ist nach der diesjährigen Farce bereits im zweiten Jahr unumgänglich und sollte auch durch einen personellen Wechsel an der Spitze und in der Jury generell begleitet werden.
  • Die Förderung der hiesigen Branche wurde verschlafen. Es fehlt sowohl an entsprechenden Programmen der Medienförderung als auch an einer konsequenten Stärkung des Fachkräfteausbildung. Das deutsche Studios im Ausland Standorte aufbauen, weil hier die Fachkräfte Mangelware sind, ist ein deutliches Zeichen. Es gibt keinen politischen Ansatz dies zu verändern und es scheint sogar an manchen Stellen der politische Wille dazu zu fehlen.
  • Millionen Menschen spielen in Deutschland Computerspiele. Sei es am Rechner daheim, unterwegs auf dem Handy, auf der Konsole im Wohnzimmer oder im Browser. Diese Realität wird politisch nicht abgebildet. Aufkommende Probleme beim Verbraucherschutz sind im entsprechenden Ministerium anscheinend unbekannt. Dabei besteht ein großes Risiko. Ungeklärte Fragen oder anrüchige Praktiken werden zum Nachteil der Spielerinnen und Spieler ausgestaltet. Abofallen entstehen, Online-Währungen können nicht zurückgetauscht werden und ein Weiterverkauf von Spielen und Zubehör wird immer schwerer.

Das sind drei Beispiele wo politisch gehandelt werden muss. Viele andere Fragen haben ähnliche Dringlichkeit, sei es der Aufbau einer Stiftung zur Stärkung der Wahrnehmung von Computerspielen, der Umgang beim Jugendmedienschutz, gerade auch online, oder die weiterhin nur selten stattfindende wissenschaftliche Begleitung der hiesigen Spielerszene und des Kultur- und Wirtschaftsguts Computerspiele. Wenn diese Themen abgearbeitet sind, kann man sich auch die Zeit nehmen eine LAN-Party im Bundestag zu veranstalten, sich damit aber zu begnügen ist das falsche Signal.

Aufruf Pro Netzneutralität

Die Debatte um Netzneutralität wird zunehmend schärfer. Die Inititative Pro Netzneutralität von Björn Böhning und mir soll dort einen Gegenpunkt setzen und die Forderung der gesetzlichen Verankerung der Netzneutralität stärker in die Öffentlichkeit tragen. Ihr könnt selber mitmachen und damit für Netzneutralität eintreten. Den Aufruf mit der Liste der ErstunterzeichnerInnen gibt es hier zum herunterladen. Der Aufruf im Wortlaut:

Netzneutralität ist der Schlüssel zur Wahrung des freien Internets!

Wir wollen ein freies und offenes Internet sicherstellen.

Ein freies Internet ohne staatliche oder wirtschaftliche Eingriffe ist Garant für freien Meinungsaustausch weltweit und damit die direkte Ableitung des Rechts auf Meinungsfreiheit. Netzneutralität ist elementar für unsere Demokratie.

Netzneutralität fördert die Entfaltung kreativer und ökonomischer Potentiale und sichert damit das Innovationspotential des Internets. Die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft wird gestärkt wenn Entwicklungen frei online verfügbar sind und auch in neuen kollaborativen Ansätzen weiterentwickelt werden können. Innovationen brauchen Offenheit – die Möglichkeiten des Internets auf einige wenige Privilegierte zu beschränken, läuft dem entgegen. Netzneutralität ist in unserer heutigen Gesellschaft sozial geboten. Sie verringert die digitale Spaltung, da die Übertragung von Internetinhalten nicht allein von der finanziellen Leistungsfähigkeit der Anbietenden oder Nutzenden abhängig ist. Netzneutralität sichert somit den Zugang zu Wissen und Informationen unabhängig von Herkunft, Aufenthaltsort, Einkommen, sozialer Schicht und ökonomischer Leistungsfähigkeit.

Die Aufgabe der Netzneutralität würde ein Zwei-Klassen Internet befördern, wo sich die großen Medien- und Internetkonzerne dieser Welt ihr eigenes Netz schaffen, und alternative und neue Anbieter damit verdrängt werden bzw. hinten anstehen müssten. Die zunehmende Kommerzialisierung vieler Dienstleistungen durch ein Aufbrechen der Netzneutralität im Internet und die damit einhergehende Monopolisierung, schränkt gerade die kreativen Potentiale des Internets und die Teilhabe daran erheblich ein. Ein Ende der Netzneutralität wäre innovationsfeindlich, da Neuentwicklungen ohne die finanzielle Ausstattung zum Erwerb der positiven Unterstützung der Internetanbieter, nicht mehr die Möglichkeit hätten sich einem Massenpublikum zu präsentieren. Bestehende Unternehmen könnten sich diesen privilegierten Zugang noch erkaufen, Neue meist nicht. Die Pluralität im Internet würde sinken und gefestigte Strukturen einseitig gestärkt.

Ohne Netzneutralität würde zunehmend eine Priorisierung durch die Internetanbieter stattfinden, entweder von eigenen Angeboten oder von Angeboten, die es sich leisten können, den privilegierten Zugang zu erwerben. Exklusive Partnerschaften zwischen Unternehmen würden zunehmen und gleichzeitig den wichtigen Grundsatz des freien Zugangs zum Internet künstlich beschränken. Die fatale Konsequenz: Statt Qualität, Sicherheit und Kreativität diktiert das Geld, welche Angebote im Internet nutzbar sind und welche nicht. Datenpakete würden nicht länger wie heute in den überwiegenden Fällen unabhängig von Inhalt und Anwendung gleichberechtigt übertragen werden.

Daher setzen wir uns für die neutrale Übermittlung von Daten im Internet, für die Netzneutralität, ein. Wir sehen mit dem möglichen Ende der Netzneutralität eine ganz erhebliche Gefahr für die digitale Gleichberechtigung und Teilhabe in Deutschland, Europa und der Welt . Das Ende der Netzneutralität wäre das Ende des freien Internets wie wir es kennen. Wir lehnen es mit aller Deutlichkeit ab, wenn Internetanbieter bereit sind, die Netzneutralität (und damit auch die Meinungsfreiheit im Internet) aufzugeben. Sei es , um diese als Spielball gegen staatliche Regulierung der Netzinfrastruktur einzusetzen oder sie aus Interessen der kurzfristigen Gewinnmaximierung zu missbrauchen. Vielmehr muss schneller und konsequenter in die Infrastruktur des Netzes investiert werden, statt die zunehmende Drosselung des Internets und Verknappung der Bandbreite voranzutreiben. Netzmanagement darf weder eine inhaltliche, politische noch ökonomische Kontrolle inne haben.

Netzneutralität ist notwendig für die zukünftige freie und kreative Entfaltung des Internets. Daher fordern wir die gesetzliche Verankerung der Netzneutralität.