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Netzneutralität aus Sicht der Landesmedienanstalten

Die ALM (Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten) hat ein spannendes Thesenpapier zur Netzneutralität herausgegeben. Die Landesmedienanstalten sind vor allem für die Kontrolle der privaten Rundfunk- und teilweise auch Internetanbieter zuständig. Zudem haben sie häufig die Aufgabe alternative Medien zu fördern und Medienkompetenzförderung zu betreiben. Mit der abschließenden Bewertung bin ich noch nicht fertig und konkrete Forderungen oder Vorschläge schlagen die „Medienwächter“ auch nicht vor, einige Punkte können aber trotzdem Diskussionen befördern.

Einige Auszüge aus dem Papier:

„Überlegungen zu neuen Formen des Netzmanagements und neuen Geschäftsmodellen berühren den Zugang von Nutzern zu den Medieninhalten und spiegelbildlich die Zugangschancen für Medienanbieter.“

Die Kritik das „Netzwerkmanagement“ auch Folgen für die Verbreitung und Zugänglichkeit von Inhalten haben wird, teilen die Landesmedienanstalten also.

„Nach der Zugangs- und Plattformsatzung der Landesmedienanstalten ist für offene Netze kennzeichnend, dass keine Vorauswahl durch einen Plattformbetreiber erfolgt, so dass Anbieter von Rundfunk und vergleichbaren Telemedien ihre Angebote unmittelbar bereitstellen können.Verlangt ein Netzbetreiber ein Entgelt dafür, dass ein bestimmter Inhalt transportiert wird, oder dass dies schneller oder in besserer Qualität als bei anderen geschieht, ist diese Offenheit nicht mehr gegeben und es ist zu prüfen, inwieweit das Plattformregime des Rundfunkstaatsvertrages greift.“

Bedeutet dies, das grundsätzlich auch Bundle-Angebote auf Kosten anderer Anbieter verfolgt werden?

„Weniger die Knappheit, sondern die Suche nach neuen Geschäftsmodellen führt zu Gefährdungen für Offenheit und Netzneutralität im Internet.“

Wichtige und richtige Wahrnehmung die ich teile!

„Die Netze und ihr Ausbau können durch Entgeltmodelle finanziert werden, die nach dem Datenvolumen differenzieren. Davon grundlegend zu unterscheiden wäre eine Belastung der Anbieter von Inhalten und Diensten für schnelleren Transport oder solchen in besserer Qualität (inhaltliche Priorisierung).“

Man hört ja immer öfters das Unternehmen intern klagen das die Einführung der „Flatrate“ einer ihrer „größten Fehler“ war. Wer wird also der erste Anbieter sein der stärker auch im DSL-Bereich auf Volumen-Pakete geht?

„Auch Mobilfunknetze müssen einen offenen Bereich haben und dort auf inhaltliche Priorisierung verzichten.“

Spannend wäre jetzt zu wissen ob die ALM aktuell schon Verstöße sieht wo im Mobilfunkbereich ihre Grundsätze verletzt werden. Ansonsten klare Ansage das Mobilfunker nicht filtern dürfen und Verzicht auf Priorisierung vornehmen sollen.

Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gescheitert – Neuanfang notwendig!

Am 15. Dezember ist es soweit gewesen. Nach fast einem Jahr diskutieren, überzeugen, streiten, Anfeindungen ertragen und Hintergrundpapiere verfassen, ist der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag in seiner aktuellen Form gescheitert. Der 14. RÄStV, indem die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages enthalten ist, wird keine parlamentarische Zustimmung im Landtag NRW bei der Landtagssitzung am 16. Dezember erhalten. Da eine Ratifizierung in allen 16 Landesparlamenten notwendig ist, wird der Vertrag nicht zum 1. Januar 2011 Inkrafttreten.

Was folgt daraus:

  • es ist ein gutes Zeichen für demokratische Verfahren, sowohl was die Wahrnehmung von BürgerInnenprotest und fachlicher Kritik angeht, als auch für die Struktur wie Staatsverträge zu Stande kommen und eine Stärkung der Arbeit der Landesparlamente.
  • eine schnelle Neuberatung muss stattfinden um sinnvolle Veränderungen im JMStV voranzubringen und schlechte rauszunehmen.
  • die Debatte gehört versachlicht und beruhigt, auf beiden Seiten. Manche Untergangsszenarien waren übertrieben, vielleicht in der Zuspitzung richtig, in der Sachlichkeit aber falsch.
  • die „Netz-Community“ muss sich aktiv in die Neuerarbeitung einbringen um mit aufzuzeigen wie ein zukunftsfähiger Jugendmedienschutz, der weitergeht als alleine auf die Vermittlung von Medienkompetenz zu setzen, aussieht.
  • Debattenorte wo Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam das Thema vorantreiben, müssen zügig organisiert werden. Wir als GRÜNE werden unseren Teil dazu beitragen.
  • wir brauchen eine Debatte über die Veränderung bei den Strukturen des Jugendmedienschutzes in Deutschland und wie dieser durchgesetzt und unterstützt wird.
  • die Evaluation des Verfahrens wie Staatsverträge entstehen, welchen tatsächlichen Einfluss Landesparlamente haben und wie eine öffentliche Debatte zu den betreffenden Themen organisiert werden kann, ist von grundsätzlicher Bedeutung für unseren föderalen Staatsaufbau.
  • Ziel der anstehenden Diskussion muss eine stärkere Internationalisierung des Jugendmedienschutzes sein. Eine national abgeschottete Lösung macht keinen Sinn und ist ein Kern der jetzigen Kritik.

Zur weiteren Information der Beschluss des Grünen Bundesvorstandes zum Jugendmedienschutz als auch die Pressemitteilung der NRW-Landesvorsitzenden Monika Düker und Sven Lehmann (Link nicht mehr verfügbar).

Ein Dank geht an die GRÜNEN NRW und die Grüne Landtagsfraktion NRW, die ihre kritische Grundhaltung nie zurückgenommen haben, sondern von Anfang immer deutlich gemacht haben was sie inhaltlich von dem Vertragstext halten. Danke auch an den sachlichen Protest, die zahlreichen Sachverständigen in den Fachanhörungen, die Aufklärer (leider ohne -Innen) die in den letzten Monaten mit durch das Land gereist sind und all denen, die für dieses Thema die notwendige Öffentlichkeit erzeugt haben. Heute darf man sich freuen, einige auch feiern und morgen beginnt die weitere Arbeit bei dem Thema.

Wikileaks – Fail der Internet Governance

Es gibt viele Beiträge die die „Cablegate“-Veröffentlichungen bei Wikileaks thematisieren. Auch wenn ich die Inhalte die ich selber bewerten kann (Deutschland/Europa) nicht besonders spannend finde, so finde ich den Grundsatz gut und richtig das es zu einer Veröffentlichung kam. Es sorgt für Transparenz in einem Bereich der bisher gar nicht in der Öffentlichkeit stand. Jetzt kann man vom Untergang der Diplomatie reden oder überdenken wie Diplomatie im 21. Jahrhundert funktionieren oder sich weiterentwickeln sollte. Zweiteres wäre der richtige Schritt.

Viel bedeutender finde ich aber die Folgen die aus der Debatte um Wikileaks entstehen. Da werden DNS Einträge gelöscht, Konten gesperrt oder die Spiegelung der Inhalte bei Hosting-Anbietern nicht zugelassen. Wohl gemerkt, es geht hierbei nicht um Terrorismus, Staaten die Menschenrechtsverletzungen begehen oder die internationale Drogenwirtschaft. Es geht um eine Enthüllungsplattform die nach meinen Informationen bisher nicht rechtlich verurteilt wurde wegen ihrer letzten Veröffentlichungen.

Die Vorfälle der letzten Tage zeigen vielmehr einen Totalausfall der Internet Governance. Allen voran ICANN hat hier versagt und nicht den nötigen Druck aufgebaut deutlich zu machen, das man nicht vor staatlicher Einflussnahme einknickt, sondern in solchen Momenten Stärke zeigen muss. Hier würde ich mir auch eine klare Positionierung von eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft freuen. In welche Infrastruktur soll man noch vertrauen, wenn Daten von heute auf morgen aus der Amazon Cloud fliegen, der eigene Domainname aus der entsprechenden Registry geworfen wird und Kreditkartenfirmen die Spendenmöglichkeiten blockieren. Das Internet als freies Medium? Dies sieht man hier nicht mehr. Was bedeutet es, wenn es erstmal richtig zu einem internationalen Konfliktfall kommt, Konflikte zwischen Staaten? Auf das Internet mit seinen vielen Möglichkeiten ist dann kein großer Verlass mehr. Die Vorgänge um Wikileaks zeigen mehr als deutlich, das es massiven Nachholbedarf gibt für solche Szenarien entsprechende Fälle durchzuspielen, Mechanismen zu entwickeln das nicht von heute auf morgen Daten gelöscht werden und unliebsame Informationen verschwinden. Es ist beängstigend wie Vertrauen in eine technische Infrastruktur so schnell verspielt werden kann. Ich hoffe das beim ICANN Gipfel in Cartagena dies Thema sein wird und ich hoffe das sich viele Menschen auf der Welt weitere Gedanken machen, wie solche Szenarien zukünftig verhindert werden oder wie Alternativstrukturen aufgebaut werden können. Die Vorkommnisse zeigen darum deutlicher als zuvor, wie wichtig Netzneutralität und eine Plattformregulierung ist. Netzneutralität gesetzlich zu verankern ist nicht nur wichtig um wirtschaftliche und technische Entfaltungsmöglichkeiten zu erhalten, sondern vor allem um Demokratie und Menschenrechte zu schützen. Schutz vor staatlicher und unternehmerischer Willkür.

Zur Diskussion zum JMStV

Derzeit wird der Staatsvertrag zum Jugendmedienschutz (JMStV) novelliert. Unter anderem sieht die Novelle eine Altersklassifizierung von Websites vor. Die Grünen lehnen dies ab: nicht realitätstauglich. In der rot-grünen Koalition NRW muss das Thema nun mit der SPD diskutiert werden.

Die aktuell in den Landtagen behandelte neue Fassung des Jugendmedienschutzstaatsvertrages (JMStV) sieht vor, dass ab 2011 Anbieter von Webseiten ihre Angebote auf jugendgefährdende Inhalte hin überprüfen, klassifizieren und bei Inhalten ab 12 Jahren Maßnahmen zum Schutz der Jugend vor diesen Inhalten treffen müssen, um Rechtssicherheit zu erlangen.

„Wir GRÜNEN halten den JMStV bereits jetzt für überholt, nicht zukunftsfähig und damit für nicht zustimmungsfähig. Er wird den diffizilen und sich schnell ändernden Realitäten der vielen unterschiedlichen Anbieter im Netz nicht gerecht. Eine Alterskennzeichnung ist nach unserer Ansicht von vielen kleineren Anbietern nicht zu leisten“ erklärt Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Eine Vorabkontrolle von durch Nutzer generierten Inhalt bei Web2.0-Angeboten hielten die Grünen für falsch. Sie gefährde das Netz und dessen Lebendigkeit. „Der aktuelle Entwurf entspricht nicht unseren Vorstellungen eines modernen und wirkungsvollen Jugendmedienschutzes“, so Malte Spitz weiter.

Der JMStV fällt in die Zuständigkeit der Bundesländer. Nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten vom Juli 2010 müssen nun alle 16 Landtage entscheiden, darunter auch das Parlament im rot-grün regierten Nordrhein-Westfalen. Dort hat die Grüne Landtagsfraktion heute nach ausführlicher Debatte den Fraktionsvorstand gebeten, Gespräche mit der SPD-Fraktion über das Projekt zu führen. Ziel der Gespräche soll sein, dass die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen dem Staatsvertrag im Landtag nicht zustimmen.

Die Meldung ist kopiert von gruene.de

Die Verpixelung von Platz vor dem Neuen Tor 1

Seit über zehn Jahren befindet sich die Bundesgeschäftsstelle von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN am Platz vor dem Neuen Tor 1. In ihrem kräftigen gelb und mit den satten grünen Fensterläden ist sie wohl die schönste „Parteizentrale“ in Berlin. Doch will man sich das Gebäude nun in Google StreetView anschauen, sieht man nichts. Weichgewischt und unkenntlich ist das Gebäude zum Start des Dienstes gemacht worden. Unwiderruflich! Wir Grüne sind die einzigen die unter dieser Hausadresse aufzufinden sind. Im Hintergebäude und den zwei obersten Stockwerken sind zwar noch andere Mieter angesiedelt, diese sind aber alle unter der nicht verpixelten Rückseite des Gebäudes, Hessische Straße 10, anzufinden.

Nach Informationen von Google mir gegenüber, gab es eine online Eingabe für einen Widerspruch. Das Verfahren sieht vor, das „Betroffene“ sich melden können wenn sie die Verpixelung eines Hauses wünschen. Google schickt ihnen dann per Post einen Verifizierungscode zu. Eine weitergehende Überprüfung der Berechtigung, ob Mietverhältnis oder Eigentum des Gebäudes vorliegt, wird nicht durchgeführt. Nur bei Verdacht auf missbräuchlicher Nutzung wird nachgeforscht, also wenn ganze Straßenzüge oder der Kölner Dom verpixelt werden sollte. Der Verifizierungscode muss nämlich nicht zwangsläufig an die Adresse des Hauses geschickt werden, das verpixelt werden soll. Somit kann also auch Missbrauch betrieben werden und Fremde geben sich als „Betroffene“ aus. Dies scheint nach aktuellem Informationsstand in unserem Fall so gewesen zu sein. Das ist ärgerlich. Nicht weil wir unsere Geschäftsstelle so schön finden, sondern weil wir die neuen Möglichkeiten die StreetView bietet begrüßen. Natürlich treten wir für klare Regeln für solche Angebote ein und wollen ein geordnetes und festgelegtes Widerspruchsverfahren haben. Wir lehnen StreetView und ähnliche Dienste aber nicht ab. An diesem Einsatz für klare Regelungen halten wir fest, auch wenn wir jetzt selber von der missbräuchlichen Nutzung solcher Möglichkeiten betroffen sind. Die nachträgliche Einfügung des Hauses in StreetView ist nicht mehr möglich, da die Rohdaten bei der Verpixelung gelöscht werden müssen. Wer sich trotzdem unsere Geschäftsstelle anschauen will, findet auf unserer Seite ein kleines Foto und alle weiteren Informationen. Zudem ist das Gebäude aus einer Perspektive auch unverpixelt.

Und für alle die solche Texte nur querlesen: Nein, wir Grüne haben nicht beantragt, dass unsere Bundesgeschäftsstelle verpixelt wird. Wir wollen die Verpixelung unserer Bundesgeschäftsstelle nicht. Leider ist es aber nicht möglich die Verpixelung zurückzunehmen, da Google die Rohdaten löschen muss.

Protest braucht Freiraum

Die Bilder aus dem Stuttgarter Schlossgarten vom 30. September 2010 haben sich in die Erinnerung eingebrannt. Wir werden nicht vergessen, wie ältere Menschen, Schülerinnen und Schüler mit Reizgas und Wasserwerfern angegangen wurden. Das Erschrecken über dieses Ausmaß polizeilicher Gewalt und die dadurch verursachten Verletzungen hat eine neue Öffentlichkeit erreicht. Doch Stuttgart 21 ist überall, und eine Konfrontation wie diese kein Einzelfall. Sie ist eine ständige Begleiterscheinung von Versammlungen und Protesten. Gerade erst wurde ein Beamter für sein Vorgehen am Rande der letztjährigen Demonstration „Freiheit statt Angst“ verurteilt. So sehr dieses Urteil zu begrüßen ist, desto deutlicher fordern wir, dass den Ursachen für polizeiliche Übergriffe nachgegangen wird, dass Anweisungen an die Beamten geprüft werden und die offensichtlichen strukturellen Defizite in der Polizeiausbildung behoben werden.

Protest braucht Freiraum. Das Recht auf Versammlungsfreiheit muss von allen staatlichen Stellen respektiert werden. Im Zusammenhang mit den Anti-Atom-Protesten gegen den bevorstehenden Castor-Transport ist aber eine massive Einschränkung der Versammlungsfreiheit durch die Staatsgewalt zu befürchten: durch Androhung und Ausüben von unmittelbarem Zwang, durch Einschüchterung aufgrund martialischen Auftretens und durch weiträumige Versammlungsverbote. Schon jetzt herrscht im Wendland der Ausnahmezustand. Bahnstrecken sind mit Stacheldraht abgesichert, Kolonnen hunderter Einsatzfahrzeuge rasen über die Autobahnen. An Kontrollstellen, auf Autobahnparkplätzen oder Bahnhöfen, werden Bürgerinnen und Bürger, die ihre Grundrechte wahrnehmen wollen, festgehalten, ihre Taschen kontrolliert und häufig auch die Personalien aufgenommen. Dieses generelle und grundlose Vorgehen, das auf Verdacht, Kontrolle und Überwachung setzt, akzeptieren wir nicht.

Belagerungsartige Zustände, wie sie sich Mal um Mal in Gorleben wiederholen, oder Einschüchterungsgesten wie die Überflüge mit Kampfflugzeugen über Zeltplätze beim G8-Gipfel in Heiligendamm, sollen Bürgerinnen und Bürger davon abschrecken, ein grundlegendes Recht auszuüben. Dieses Recht wird im Wendland auch dadurch unterlaufen, dass die Polizeidirektion Lüneburg ein generelles Versammlungsverbot entlang der Transportstrecke ausgesprochen hat und zumindest ein Camp schon verboten hat. Sie versucht somit, berechtigten Protest von vornherein als illegitim zu erklären und bereitet damit den Boden für unverhältnismäßige Polizeieinsätze. Ein deeskalierendes Konzept ist darin nicht zu sehen. Doch gerade Deeskalation ist generell die Vorgabe für polizeiliche Einsätze.

Es kann nicht die Aufgabe der Polizei sein, den Protest gegen eine verfehlte Energiepolitik mit überlasteten und übernächtigten Einsatzkräften beiseite zu räumen oder räumen zu müssen. In der Vergangenheit wogen oft die Zeitpläne der AKW-Betreiber schwerer als das Demonstrationsrecht. Diese Politik nimmt überharte und unnötige Polizeieinsätze billigend in Kauf. Wir fordern in Gorleben erneut unser Recht ein und fordern die staatlichen Stellen auf, die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und körperliche Unversehrtheit zu schützen.

Malte Spitz, Bundesvorstand Bündnis 90/Die Grünen

Prof. Dr. Rosemarie Will, Vorsitzende Humanistische Union (HU)

Wolfgang Wieland, MdB Bündnis 90/Die Grünen, Sprecher für Innere Sicherheit

Peer Stolle, Vorstand Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)

Dieser gemeinsame Beitrag ist am 6. November in der taz erschienen.

Allgemeine Verunsicherung durch den neuen Personalausweis

Zum Start des Neuen Personalausweises am 1. November 2010, haben wir als Grüner Bundesvorstand heute folgenden Beschluss gefasst. Er macht deutlich welche Kritik wir am Verfahren, der Umsetzung und auch der Ausgestaltung des neuen Personalausweises haben. Er zeigt aber auch auf, wie wir uns das weitere Vorgehen vorstellen und welche Forderungen wir damit verbinden. Klar ist, wir haben Kritik am jetzigen Verfahren und wollen nicht das die Bevölkerung einem flächendeckenden Feldversuch ausgesetzt wird.

Der Beschluss kann hier heruntergeladen werden.

Was ist aus ver.di geworden? – Ein zugespitzter Kommentar

Schön war es die letzten Jahre. Die einflussreiche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, hatte sich zunehmend zivilgesellschaftlichen Gruppen geöffnet und Themen wie Bürgerrechte und Datenschutz aktiv nach außen vertreten. Da gab es eine eigene Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung, Reden vom Vorsitzenden auf den alljährlichen Freiheit statt Angst Demonstrationen, Protestnoten gegen die Datensammlung bei ELENA oder ein klares Bekenntnis für Arbeitnehmerdatenschutz.

All diese löblichen und richtigen Ansätze scheinen verschwunden zu sein, wenn man sich den neuen Beschluss des Bundesvorstandes von ver.di mit dem Positionspapier zum Thema Urheberrecht anschaut. Überspitzt formuliert, will man ein Warn- und Kontrollsystem gegen die nicht genehmigte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke. Da ist von Hinweisen zur „Information über die Rechtswidrigkeit des Angebots und dessen Nutzung“ genauso die Rede wie von einem „maßvollen Ordnungsgeld“. So richtig kommt man nicht heraus, wie das alles funktionieren soll. Irgendwie rechtsstaatlich, irgendwie datenschutzfreundlich und natürlich alles mehr als Lehrmaßnahme zur Stärkung des Respekts gegenüber dem Urheberrecht, als eine Sanktionsmaßnahme und ein Verfolgungsinstrument.

Doch weitergedacht fordert ver.di eigentlich nichts anderes als eine Vorratsdatenspeicherung (light) und den Aufbau einer Warninfrastruktur, ähnlich wie bei der Debatte um Internetsperren im Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen von Kindern.

Ich frage mich ob es niemandem aufgefallen ist, das dies im krassen Widerspruch zu den löblichen und unterstützenswerten Ansätzen im Kampf gegen Vorratsdatenspeicherung und für Datenschutz steht? Gerade ver.di-Vertreter waren massiv von der Bespitzelung bei der Deutschen Telekom betroffen, sich jetzt hinter die Idee eines solchen Systems für die massenhafte Vorkontrolle und Überwachung des Datenverkehrs zu stellen, klingt mehr als komisch. Wo waren die Datenschützer und Bürgerrechtler Frank Bsirske, Gerd Herzberg oder Lothar Schröder aus dem ver.di Bundesvorstand, als dieser Antrag im Vorstand beschlossen wurde?

Ich bin zumindest sehr erstaunt was für Vorschläge dort als Positionsbeschlüsse, nicht als Ideen- oder Diskussionspapiere, verabschiedet werden. Gerne kann man darüber streiten was der beste Weg ist zum Schutz von Urheberrechten und für einen fairen Interessenausgleich. Dafür aber vorzuschlagen letztendlich grundlegende Freiheitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger einzuschränken, ist unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar.

Weitere Bewertung des Papiers: Das Positionspapier was vom ver.di Bundesvorstand am 25. Oktober 2010 beschlossen wurde stellt in anderen Punkten eine richtige Problembeschreibung dar. So ist die Stellung von UrheberInnen weiterhin nicht zufriedenstellend, wenn es um Verhandlungen mit den jeweiligen Verlagen/Produzenten geht. Genauso wird die Veränderung unserer Medienwelt und Verlagerung von Wertschöpfungsketten richtig beschrieben. Einer teilweise richtigen Analyse folgen dann aber die falschen Schlüsse für die Zukunft.