Grün wählen für den digitalen Aufbruch!

Heute ist Wahltag in Berlin. Es werden das Abgeordnetenhaus (Landtag) und die Bezirksverordnetenversammlungen (BVVen) in den zwölf Bezirken gewählt. Alle Infos zur Wahl findet man auf der Seite der Landeswahlleiterin.

Wie steht es netzpolitisch um Berlin im Jahr 2016? – Nicht gut.

Ein paar Beispiele:

– Über ein Jahrzehnt wurde die Berliner Verwaltung klein gestutzt. Statt die Möglichkeiten der digitalen Verwaltung zu nutzen um das Serviceniveau aufrechtzuerhalten, wurde einfach nichts getan. Zehn-Wochen Warten auf einen Termin auf dem Bürgeramt ist die Regel. Kitaplätze werden nicht online-gestützt vergeben, sondern dezentral bei jeder Kita per Telefon oder persönlichen Besuch organisiert. Statt das Know-How der Dutzenden Firmen und Tausenden Entwickler*innen aus dem Bereich freier und offener Software zu nutzen, werden Supportverträge für Hunderttausende Euro zur weiteren Unterstützung des längst unsicheren Windows XP abgeschlossen. Die Berliner Verwaltung ist ein trauriges aber leider auch passendes Beispiel dafür, wie Angst vorm Scheitern, falsche Personalpolitik und fehlender politischer Wille dazu führen, die digital-gestützte Verwaltung zu verschlafen.

– Oft hakt es aber auch schon bereits am Zugang. Je nach Mobilfunkanbieter gibt es in der U-Bahn nur Edge – WLAN kommt erst langsam an die Bahnhöfe. Schnelle Anschlüsse für die eigenen vier Wände sind kaum vorhanden, zwar gibt es VDSL, doch erreicht dies selten die versprochenen Übertragungsraten. Manche Stadtteile freuen sich gar überhaupt Breitband zu erhalten. Freies WLAN in Berlin ist bisher dem Engagement der Freifunk-Community zu verdanken mit Hunderten Knoten. Der Berliner Senat will es lieber anders machen und benötigt mehrere Jahre überhaupt ein paar Router aufzustellen, und selbst die wollen zum Start nicht richtig funktionieren.

– Datenschutz war jahrelang gut vertreten in Berlin. Alexander Dix hat seine Aufgabe als Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit gut gemeistert, engagiert und laut aber nicht krawallig. Die Regierungsfraktionen haben sich dann fast ein Jahr Zeit gelassen die notwendige Nachfolge zu klären und eine Kandidatin gefunden die niemand auf dem Zettel hatte, war sie doch bei dem Thema bisher unbekannt.

Dabei ist engagierter Datenschutz gerade in diesen hitzigen Zeiten mit teils unsäglichen Sicherheitsdebatten notwendiger denn je. Vor allem die Berliner-CDU setzt auf den Kurs mehr Überwachung, egal wie sehr Grundrechte eingeschränkt werden. Beispielsweise die Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung oder mehr Videoüberwachung, die in CDU-Jargon jetzt Videotechnik heißt.

Aus den großen bundespolitischen Debatten hat sich Berlin in der Regel rausgehalten, kaum eine Bundesratsinitiative zu netzpolitischen Themen wurde angestoßen. Es wurden Digitalräte eingerichtet, wo aber die Zivilgesellschaft Fehlanzeige war. Gerade auch die Debatte „Kultur und Netz“, ein spannender und manchmal auch konfliktträchtiger Austausch, wurde nicht geführt oder organisiert.

Am 18. September geht es also um viel für Berlin. Nicht nur bei Themen wie Wohnungsbau, neuer Mobilität mit mehr Rad- und Fussverkehr, einer echten Integrationspolitik und einer Sicherheitspolitik die nicht auf Aufrüstung und Ausweitung von Überwachungsbefugnissen aufbaut. Sondern auch in der Netzpolitik.

Ich wähle heute nicht nur aus Verbundenheit und Parteitreue BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, sondern auch aus Überzeugung, dass sich hier in Berlin bei Themen die mir wichtig sind, etwas verändern wird. Ich hoffe auf eine Grüne Regierungsbeteiligung, um den Stillstand bei netzpolitischen Fragen im Senat aufzulösen und endlich einen Senat zu haben, der den Digitalen Wandel als Chance für ein besseres Berlin versteht und nicht nur vor allem als Marketing-Floskel oder Teil der Wirtschaftsförderung.

Denn Berlin kann mehr, das zeigen Hunderte neue Start-ups jedes Jahr. Diese haben sich eher trotz als wegen der Senatspolitik hier angesiedelt. Viele Start-ups lieben die Berliner Mischung, die Freiräume und die Kreativität. Diese Mischung gehört erhalten, bezahlbare Mieten sind das Eine, bezahlbare Gewerbeflächen insbesondere für Unternehmensgründer*innen das Andere. Das Berlin eine vielfältige Netzszene hat, zeigt auch eine engagierte Zivilgesellschaft, ganz egal ob bei freiem Wissen, Freifunk oder anderen netzpolitischen Themen. Hier muss man auf Austausch setzen, nicht nur auf nette Besuchsprogramme. Eine Senatssitzung auf der re:publica mit offener Sprechstunde oder ein ständiger Berliner Multi-Stakeholder Dialog, um alle Akteure in den politischen Diskurs auf Augenhöhe einzubinden.

Hier traue ich uns Grünen zu, den Unterschied zu machen und endlich den nötigen Aufbruch in der Netzpolitik anzustoßen. Ramona Pop, Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, hat dazu diese Woche einen guten Gastbeitrag im Handelsblatt gehabt. Und die Wahlprogrammbewertung von netzpolitik.org fiel auch sehr ordentlich aus.

Und konkrete Projekte wollen die Berliner Grünen auch angehen, wie die digitale Verwaltung, einer Digitalwende-Agentur, Glasfaser und freies WLAN oder einem effektiven Datenschutz.

Berlin braucht diesen breiten Ansatz für den digitalen Aufbruch, ganz egal ob in der Verwaltung, der Bildung, der Wirtschaftslandschaft, bei der Infrastruktur oder beim Datenschutz.

Darum gilt für mich heute: Zweitstimme Grün!

 

Disclaimer: Ich bin nicht Mitglied des Landesverbandes der Grünen Berlin, meine Frau Silke Gebel tritt als Wahlkreiskandidatin in Mitte 2 und auf dem Listenplatz 13 der grünen Landesliste an.

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