Post von Spitz…

Liebe Frau Christiansen,

als Ihr Gesprächskreis 1997 zum ersten Mal tagte, war ich 13 Jahre alt. Der Kanzler hieß Helmut und Sie waren das Talk-Juwel zwischen „Tatort“ und „Titel, Thesen, Temperamente.“ – spannender als jeder Krimi, kultivierter als das schönste Feuilleton. Wenn ich nur an die feingeistigen Titel denke: „Kanzlerdämmerung“, „Die Türken kommen“ oder: „Alle müssen bluten“. Wer bekam da nicht Lust, die Ärmel hochzukrempeln, die Gewerkschaften abschaffen und Deutschland zu retten!?

Später hieß der Kanzler Gerhard, und der sagte mal – sinngemäß – er brauche zum Regieren nur Bild, BamS und Sie! Und tatsächlich: egal ob Holzmann, Pisa oder Hartz – Sie waren immer ganz nah dran und haben immer knallhart nachgefragt. Das hat mir gefallen. Sonntag für Sonntag konnte ich bei Ihnen sehen, wie man sich Zahlen auf Schuhsohlen klebt und in 30 Sekunden die Welt erklärt. Am schönsten war es, wenn alle Ihre Gäste die Welt auf einmal erklärten. Da konnte es auch schon mal laut werden, aber das hat Sie nie gestört. So ist lebendige Demokratie eben, dachten Sie wohl.

Liebe Frau Christiansen, nun bin ich 23, die Kanzlerin heißt Angela, und Sie verlassen uns. Das ist nur konsequent, denn Angela hat nie behauptet dass Sie sie zum Regieren braucht. Soll Sie doch zusehen, wie sie das ohne Sie hinbekommt!

Nur über Ihren Abschiedsgast war ich ein bisschen enttäuscht. Wer ist denn dieser Horst Köhler? Ich hätte lieber noch mal den Guido gesehen. Der war doch so oft bei Ihnen – und jedes Mal wollte er die Gewerkschaften abschaffen und Deutschland retten, so wie Sie! Und wer weiß, was aus dem Guido wird, wenn Sie nicht mehr da sind. Ob den Anne noch will?

Ich werde Sie vermissen. Guido auch.

Herzlichst Ihr

Malte Spitz

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