Sechs Monate meines Lebens in 35.000 Datensätzen

Datenschutz heißt für mich, dass stets einige Grundregeln (ohne irgendeine schwammige rote Linie) für den Umgang mit Daten gelten müssen, dass Datensparsamkeit betrieben wird und dass ich einen Auskunftsanspruch habe und erfahre was gespeichert wird.

Eines der größten Projekte die in den letzten Jahren gegen den Datenschutz und die Bürgerrechte ins Rennen gegangen ist, war die Vorratsdatenspeicherung. Als Betroffener habe ich gegen die Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, mich aktiv im AK Vorratsdatenspeicherung eingebracht, die Freiheit statt Angst Demos mit organisiert, über das Thema aufgeklärt und mich dann dazu entschlossen mit Unterstützung der Grünen Partei auf Auskunft zu klagen. Ich wollte wissen was gespeichert wird und damit auch prüfen, ob die Speicherung so erfolgt, wie vom Gesetzgeber vorgegeben.

Ich habe dazu meinen damaligen Mobilfunkanbieter T-Mobile auf Auskunft verklagt. Grundlage war §34 des BDSG. Das Verfahren hat sich hingezogen und es gab einen Gerichtstermin. Das Bundesverfassungsgericht hatte jedoch vorher die generelle Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und für nichtig erklärt und die Löschung aller gespeicherten Daten angeordnet. Daraufhin haben wir schnell gehandelt und die Herausgabe der Daten außergerichtlich mit T-Mobile geklärt. Die Datensätze, die ich auf diese Einigung hin zu meiner Person erhalten habe, enthalten nicht die Nummern der Menschen die ich angerufen habe oder die mich angesimst haben. Sprich die Hälfte der Daten einer regulären Vorratsdatenspeicherung fehlt.

Die Masse an Daten, 35.000 Datensätze über mein Leben, haben mich schon erschrocken. Auch wenn Abstrahlwinkel und Geodaten nicht mein Fachgebiet sind, konnte ich mit Unterstützung von anderen, erste kleine Auswertungen vornehmen und feststellen das die Daten stimmen.

Mir war klar, dass die theoretische Bedrohung einer solchen Massenspeicherung, endlich greifbar werden muss. Daher habe ich mich dazu entschlossen die Daten zu veröffentlichen um klarzumachen, Vorratsdaten machen dein Leben transparent und greifen massiv in deine Privatsphäre ein, und zwar von allen Bürgerinnen und Bürgern. Mit Zeit Online und der Zeit habe ich dann einen Partner gefunden, der Interesse an der Auswertung und Aufarbeitung der Daten hatte – vielen Dank dafür. Das Ergebnis könnt ihr jetzt sehen. Zudem gibt es einen Teil der Rohdaten zum ausprobieren.

Man muss sich einmal bewusst machen, dies ist nur die eine Hälfte der Daten. Mit einem vollständigen Datensatz oder mehreren Datensätzen kann man noch viel mehr über Menschen, ihr Privat- und Sozialleben herausfinden.

Nachdem es in dem halben Jahr nach der Entscheidung des Bundesverfas­sungsgerichts zunächst etwas Stillstand bei dem Thema gab, geht es seit dem Winter wieder heiß her. Eine anlasslose Speicherung von Telekommunikationsdaten ist selbst für die FDP kein Tabu mehr. Die Vorratstdatenspeicherung in Deutschland hat höchstens eine Pause eingelegt – vom Tisch ist sie leider noch lange nicht. Deshalb sagen ich klar: Stopp die Vorratsdatenspeicherung hier und europaweit!

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