Was ist aus ver.di geworden? – Ein zugespitzter Kommentar

Schön war es die letzten Jahre. Die einflussreiche Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, hatte sich zunehmend zivilgesellschaftlichen Gruppen geöffnet und Themen wie Bürgerrechte und Datenschutz aktiv nach außen vertreten. Da gab es eine eigene Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung, Reden vom Vorsitzenden auf den alljährlichen Freiheit statt Angst Demonstrationen, Protestnoten gegen die Datensammlung bei ELENA oder ein klares Bekenntnis für Arbeitnehmerdatenschutz.

All diese löblichen und richtigen Ansätze scheinen verschwunden zu sein, wenn man sich den neuen Beschluss des Bundesvorstandes von ver.di mit dem Positionspapier zum Thema Urheberrecht anschaut. Überspitzt formuliert, will man ein Warn- und Kontrollsystem gegen die nicht genehmigte Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke. Da ist von Hinweisen zur „Information über die Rechtswidrigkeit des Angebots und dessen Nutzung“ genauso die Rede wie von einem „maßvollen Ordnungsgeld“. So richtig kommt man nicht heraus, wie das alles funktionieren soll. Irgendwie rechtsstaatlich, irgendwie datenschutzfreundlich und natürlich alles mehr als Lehrmaßnahme zur Stärkung des Respekts gegenüber dem Urheberrecht, als eine Sanktionsmaßnahme und ein Verfolgungsinstrument.

Doch weitergedacht fordert ver.di eigentlich nichts anderes als eine Vorratsdatenspeicherung (light) und den Aufbau einer Warninfrastruktur, ähnlich wie bei der Debatte um Internetsperren im Kampf gegen Missbrauchsdarstellungen von Kindern.

Ich frage mich ob es niemandem aufgefallen ist, das dies im krassen Widerspruch zu den löblichen und unterstützenswerten Ansätzen im Kampf gegen Vorratsdatenspeicherung und für Datenschutz steht? Gerade ver.di-Vertreter waren massiv von der Bespitzelung bei der Deutschen Telekom betroffen, sich jetzt hinter die Idee eines solchen Systems für die massenhafte Vorkontrolle und Überwachung des Datenverkehrs zu stellen, klingt mehr als komisch. Wo waren die Datenschützer und Bürgerrechtler Frank Bsirske, Gerd Herzberg oder Lothar Schröder aus dem ver.di Bundesvorstand, als dieser Antrag im Vorstand beschlossen wurde?

Ich bin zumindest sehr erstaunt was für Vorschläge dort als Positionsbeschlüsse, nicht als Ideen- oder Diskussionspapiere, verabschiedet werden. Gerne kann man darüber streiten was der beste Weg ist zum Schutz von Urheberrechten und für einen fairen Interessenausgleich. Dafür aber vorzuschlagen letztendlich grundlegende Freiheitsrechte aller Bürgerinnen und Bürger einzuschränken, ist unverhältnismäßig und nicht nachvollziehbar.

Weitere Bewertung des Papiers: Das Positionspapier was vom ver.di Bundesvorstand am 25. Oktober 2010 beschlossen wurde stellt in anderen Punkten eine richtige Problembeschreibung dar. So ist die Stellung von UrheberInnen weiterhin nicht zufriedenstellend, wenn es um Verhandlungen mit den jeweiligen Verlagen/Produzenten geht. Genauso wird die Veränderung unserer Medienwelt und Verlagerung von Wertschöpfungsketten richtig beschrieben. Einer teilweise richtigen Analyse folgen dann aber die falschen Schlüsse für die Zukunft.

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