Frau Malmström muss Forderung nach Netzsperren zurücknehmen

30.03.2010: Zu den von EU-Kommissarin Cecilia Malmström geforderten Internetsperren erklären Dr. Konstantin von Notz, Sprecher für Netzpolitik, und Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Die Bundesregierung verhält sich mehr als unglaubwürdig, wenn sie die Pläne zu Netzsperren kritisiert, gleichzeitig aber duldet, dass in Deutschland genau diese Sperren weiterhin mit dem Zugangserschwerungsgesetz in Kraft sind. In den vergangenen Monaten wurde eine intensive Debatte über Internetsperren in Deutschland geführt, am Ende gingen sogar den hartnäckigsten Befürwortern die Argumente aus. Statt ein Umdenken einzuleiten, streitet die Bundesregierung weiterhin um den künftigen Weg und tritt in eine unglaubliche Kakophonie ein. Da helfen auch keine Beteuerungen, den Plänen der EU-Kommissarin Malmström entgegentreten zu wollen, zumal es schon unterstützende Rufe aus den Reihen der CDU/CSU gibt.

Grundsätzlich muss man Malmström Recht geben: Es bedarf eines besseren internationalen Vorgehens im Kampf gegen Kindesmissbrauch, sexuelle Ausbeutung von Kindern und die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen. Eine umfassende Sperrinfastruktur und die Sperrung von Internetseiten aber sind der völlig falsche Weg. Wir fordern seit jeher eine bessere internationale Zusammenarbeit, um die Inhalte wirksam zu löschen, die Verfolgung der Täter und Mittelsmänner zu verbessern und die bestehenden Gesetze besser durchzusetzen.

Angesichts des Vorstoßes für Internetsperren muss man sich wundern. In eine sonst ausschließlich auf repressive Instrumente abzielende Regelung wird mit der Verpflichtung für Internetsperren eine wegen ihres hohen Eingriffsgehaltes in das Internet hochumstrittene und ineffektive präventive Detailregelung eingefügt. Die Kommission hat damit sehenden Auges bundesdeutsche Debatte missachtet. Das Vorgehen Malmströms, die schon jetzt den Beinamen „Censilia“ trägt, kann das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Vernunft europäischer Entscheidungen und das Vertrauen in die strenge Beachtung europäischer Rechtsgrundlagen beschädigen. Dem treten wir als überzeugte Europäer entschieden entgegen. Wir wollen die Stärkung der internationalen Zusammenarbeit im Kampf gegen diese Straftaten anstelle populistischer, unwirksamer und rechtsstaatlich höchst bedenklicher Pauschalantworten. Die Bundesregierung muss jetzt auf europäischer Ebene konsequent gegen verpflichtende Sperr-Bestimmungen eintreten.

Teile diesen Inhalt: