Grüne fordern tatsächlichen, nicht rhetorischen Kurswechsel in der Netzpolitik

09.02.2010: Zu den Plänen der schwarz-gelben Koalition, ein „Löschgesetz“ für Kinderpornographie vorzulegen, erklärt Dr. Konstantin von Notz, Sprecher für Netzpolitik, und Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand:

Seit gestern ist es amtlich: Die schwarz-gelben Koalitionäre stochern auch weiterhin im Nebel und haben keinen Plan, wie sie mit einer der Erblasten der großen Koalition, dem Zugangserschwerungsgesetz, umgehen sollen. Im Koalitionsvertrag konnte man sich noch nicht dazu durchringen, die verfassungsrechtlich problematische und ineffektive Stoppschild-Politik ein für allemal zu beerdigen. Stattdessen setzte man lieber auf einen faulen Kompromiss in Form eines einjährigen Moratoriums und vereinbarte lediglich, das Gesetz vorerst nicht anwenden zu wollen. Auf die Nachfrage aus dem Bundespräsidialamt, ob die neue Bundesregierung nun eigentlich ein Gesetz wolle oder doch lieber keins, blieb man eine Antwort schuldig.

Nun häufen sich die Erklärungen ehemaliger Verfechter der schwarz-roten Stoppschildstrategie, das verfassungsrechtlich höchst problematische, technisch dilletantische und politisch auf Grundlage falscher Tatsachen entstandene Gesetz, abräumen und stattdessen ein „Löschgesetz“ vorlegen zu wollen. Der neuerliche Kurswechsel ist auch das Resultat der Oppositionsarbeit sowohl der Linken als auch der Grünen Bundestagsfraktion, die beide parlamentarische Initiativen mit dem Ziel, das nach Familienministerin von der Leyen benannte „Zensursula“-Gesetz zu kippen, vorgelegt haben. Erst daraufhin sahen sich CDU/CSU und FDP offenbar gezwungen, von dem im Koalitionsvertrag vereinbarten Moratorium abzuweichen und eine eigene Initiative für ein „Löschgesetz“ vorzulegen. Wann und vor allem mit welchem Inhalt die neue Gesetzesinitiative tatsächlich kommen soll, bleibt jedoch völlig unklar. Unklar bleibt auch, was mit dem bisherigen Gesetz und der bereits geschaffenen Sperrinfrastruktur geschehen soll. Wir werden das Verfahren kritisch begleiten.

Dem Bundespräsidenten lediglich einen Brief zu schreiben, in dem erklärt wird, man rücke von dem im Bundestag beschlossenen Gesetz wieder ab, ist eine Zumutung und dürfte juristisch kaum tragbar sein. Ein juristisch sauberes Verfahren wäre es, zunächst das alte Gesetzesvorhaben zurückzuholen, um dann, in einem zweiten Schritt, ein neues Gesetz vorzulegen. Der Bundesregierung bietet sich die Chance, ihrer Ankündigungsrhetorik nun konkrete Taten folgen zu lassen, indem sie – noch bevor die eigene Initiative vorliegt – den Anträgen von Linke und Grünen zustimmt. Dies wäre der beste Beweis für einen wirklichen – nicht bloß rhetorischen – Kurswechsel in der schwarz-gelben Netzpolitik.

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