„Kein Spiel, aber offene Karten“

08.06.2009: Gastbeitrag von Malte im Neuen Deutschland (Medienkolumne).

Die Vorkommnisse bei der Deutschen Bahn lassen nichts Gutes vermuten: Dass ein Staatskonzern 1,3 Millionen Euro in die Hand nimmt, um damit verdeckt PR-Maßnahmen zu finanzieren, ist nicht hinnehmbar. Und dies nicht nur, weil die Bahn im staatlichen Besitz ist.

Vor allem ist es unerhört, dass Unternehmen mit unlauteren Mitteln gezielt versuchen, die Öffentlichkeit zu täuschen und den Wettbewerb zu verzerren. LobbyControl, eine unabhängige Initiative für Transparenz und Demokratie, hat jene Unternehmen ausfindig gemacht, die als Auftragnehmer von diesen PR-Maßnahmen profitierten. Bisher bestreiten diese alle Vorwürfe. Gesetzesverstöße, werden sie denn beweisen, dürfen nicht ungeahndet bleiben. Hier bedarf es geeigneter Sanktionen, auch finanzieller Strafen in schmerzhafter Höhe.

Das System Mehdorn, unter dessen Ägide die Vorfälle begannen, ist bereits Geschichte. Nun werden die Hinterlassenschaften, Vorkommnisse und Skandale bei der Bahn aufgearbeitet. Den neuen Verantwortlichen muss man die Chance einräumen, verlorenes Vertrauen wieder aufzubauen. Erste Konsequenzen gegen Verantwortliche der Datenskandale lassen hoffen.

Doch Hoffnung allein reicht nicht aus. Wichtig ist, nachhaltig für transparente Strukturen zu sorgen – nicht nur bei der Deutschen Bahn, sondern in der gesamten Unternehmens- und Verbandswelt. Dafür muss auch der Gesetzgeber Sorge tragen. Die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters könnte dazu beitragen, die für alle beteiligten Akteure im Bundestag, den Ministerien, der Presse und der Öffentlichkeit notwendigen Informationen frei zugänglich machen: Nur wer in diesem Register steht und zu Auskünften bereit ist, darf noch Zugang und besondere Privilegien – etwa einen Hausausweis für den Bundestag – erhalten.

Ein solches Register enthielte Informationen über die Arbeitgeber und die Auftraggeber der LobbyistInnen. Zudem ist es erforderlich, dass die finanziellen Aufwendungen für die Lobbyarbeit öffentlich dokumentiert werden, auch die Ausgaben der auftraggebenden Unternehmen.

Problematischer wird es, wenn verdeckte Meinungsmache zur Dienstleistung wird, besonders attraktiv ist dafür die digitale Welt. Quellen und Qualität werden hier weniger kontrolliert. Gekaufte Beiträge in Blogs oder bei Bewertungsportalen, gekaufte Kommentare in Meinungsartikeln – hier wird die Ebene des politischen Lobbyismus verlassen und in die Grauzone des Unlauteren eingetreten. Unternehmen oder Verbände dürfen hier nicht verdeckt selbst oder über Dritte ihre eigenen Angebote oder Entscheidungen schönschreiben lassen; zu solcher Anständigkeit müssten sie sich verpflichten.

Immer wieder versuchen Unternehmen oder Verbände verdeckt, auf Öffentlichkeit Einfluss zu nehmen. Doch oft entwickelt sich, wo dagegen angegangen wird, eine ganz eigene Dynamik. Ein konkretes Beispiel – auch von der Deutschen Bahn: Im Februar mahnte die Konzernleitung den bekannten Blogger Markus Beckedahl ab, da er vertrauliche Informationen über die Überwachung von Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern öffentlich gemacht hatte. Schnell gab es dazu Hunderte Beiträge auf unterschiedlichsten Internetseiten, und die Bahn zog ihre Abmahnung zurück. So sorgte sie gleichzeitig dafür, dass die unliebsamen Informationen über sie massiv verbreitet wurden.

Es müssen endlich Veränderungen eingeleitet werden, die von Beginn an für mehr Transparenz sorgen – gesetzlich durch die Politik und gesellschaftlich durch eine stärker kritische Öffentlichkeit. Es geht um die Verteidigung eines Grundsatzes unserer Demokratie.

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