Telekommunikations- Überwachung – Rechtsstaat ade!

06.07.2007: (PM Nr.197/07) Zur heutigen ersten Lesung des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikations- Überwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmethoden im Bundestag erklärt Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen:

„Die Bundesregierung legt heute dem Bundestag in erster Lesung ihr Gesetz zum Abbau von Bürgerrechten im digitalen Zeitalter vor. Justizministerin Brigitte Zypries macht damit passend zum Start der parlamentarischen Sommerpause Innenminister Wolfgang Schäuble noch ein Geschenk. Schäubles Pläne für die kommende Zeit lauten nicht ‚auf in die Sonne‘ sondern ‚ade Rechtsstaat, willkommen Überwachungsstaat‘.

Die Neuregelungen gehen klar in die falsche Richtung. Die Beibehaltung des Deliktskatalogs für Telekommunikationsüberwachung wird zum Potpourri des Strafrechts, hier fehlen klare Grenzen zur Ein- und Abgrenzung. Mit einer Generalklausel für schwere Straftaten liegen praktische und zukunftsfähige Lösungen hierfür von uns Grünen auf dem Tisch.

Doch besonders die Vorratsdatenspeicherung, die hier strenger als notwendig nach der europäischen Richtlinie mit umgesetzt werden soll, ist verfassungsrechtlich nicht tragbar. Jegliche Kommunikationsdaten, die beim surfen, mailen, telefonieren mit dem Festnetzapparat oder dem Handy erhoben werden, müssen jetzt gespeichert und bei Anfragen schnell zur Verfügung gestellt werden. Die Speicherung erfolgt ohne Verdacht bei allen 82 Millionen Menschen in Deutschland, geschützte Berufe wie Ärzte, Seelsorger oder Journalisten werden nicht ausgenommen. Die gewonnenen Daten sollen nicht nur zur Verfolgung von schweren Straftaten benutzt werden, sondern auch zur Gefahrenabwehr. Jede und jeder, die dann zum falschen Zeitpunkt aus einer bestimmten Straße einen Handyanruf tätigen oder SMS verschicken, werden dann ganz schnell zu potentiellen Terror-Verdächtigen.

Dass die Bundesregierung darüber hinaus noch überlegt, auch privaten Rechteinhabern, wie z.B. der Musikbranche, erhobene Daten zu übermitteln, auch Bestandsdaten, lässt die kühnsten Befürchtungen Realität werden.

Wir hoffen, dass das Schlimmste im anstehenden parlamentarischen Verfahren noch verhindert werden kann. Besonders die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung sollte so lange aufgeschoben werden, bis der Europäische Gerichtshof über eine entsprechende Klage zur Entstehung der Richtlinie entscheidet.“

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